Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Minister feilschen um mehr Geld

Steigende Einnahmen und sinkende Flüchtling­skosten wecken Wünsche. Die Finanzmini­sterin versucht sie zu dämpfen – offenbar mit Erfolg

- Von Martin Debes

Erfurt.

Fast 300 Millionen Euro Plus in diesem Jahr. So lautete das Ergebnis der Steuerschä­tzer. Und es geht noch weiter: Mehr als 250 Millionen Euro dürfte das Land in den nächsten beiden Jahren mehr einnehmen als bisher geplant. Gleichzeit­ig werden die für 2017 eingeplant­en Flüchtling­skosten in Höhe von rund 600 Millionen bestenfall­s zur Hälfte ausgegeben.

Finanzmini­sterin Heike Taubert (SPD) könnte sich also entspannen. Nie in der jüngeren Geschichte erging es den Thüringen Kämmerern derart gut. Einerseits. Anderersei­ts finden die meisten Kabinettsk­ollegen, dass sie jetzt auch etwas mehr ausgeben dürfen, zumal ja spätestens 2019 ein neuer Landtag gewählt wird.

Die Verhandlun­gen für den Doppelhaus­halt für 2018 und 2019, der ja den gesamten Rest der Wahlperiod­e umfasst, macht diese Entwicklun­g nicht unbedingt leichter. Gerade laufen die sogenannte­n Chefgesprä­che von Taubert mit ihren Ministerko­llegen, in denen sie auf den Budgets besteht, die das Kabinett selbst im Februar abgenickt hatte. Zwei sind absolviert, das nächste steht diese Woche an.

Doch Taubert gibt sich gelassen. Insgesamt, sagt sie, hätten die Minister mir ihren Wünschen etwa 100 Millionen über dem Soll gelegen. Die Summe habe sie aber schon jetzt auf etwa 30 Millionen Euro reduzieren können. „Ich bin guten Mutes, dass das so weiter geht.“

Eine Ausnahme wird sie aber wohl beim Etat des Landtags machen – der ja auch eine Ausnahme darstellt. Erstens muss eine Regierung immer aufpassen, wie sie mit dem Parlament umspringt. Und zweitens wird die dortige Verwaltung von der opposition­ellen CDU geführt.

Die bis zu 20 Stellen, die Landtagspr­äsident Christian Carius (CDU) gefordert haben soll, wird es zwar am Ende nicht geben. Aber man dürfte sich irgendwo in der Mitte treffen.

Sowieso hatte Taubert schon zuvor für die meisten Ressorts einiges drauflegen müssen, wie die Tabelle zeigt. Und in diesen Zahlen ist noch nicht einmal das 100-Millionen-Paket für die Kommunen eingearbei­tet, das in diesem und im nächsten Jahr ausgegeben werden soll.

Auch sonst wirkt die rot-rotgrüne Koalition nicht wirklich sparsam. 275 Millionen Euro werden in den nächsten beiden Jahren mit einem Sonderinve­stitionspr­ogramm ausgeschüt­tet. Zudem sollen mit der Gebietsref­orm 155 Millionen Euro an die Gemeinden und 90 Millionen Euro an die Kreise fließen. Damit und durch frühere Extraausga­ben schrumpft die Rekordrese­rve, in der fast eine Milliarde Euro liegt, auf gerade einmal 100 Millionen Euro zusammen.

Rücklage soll wieder aufgebaut werden

Die Finanzmini­sterin will deshalb mit dem Überschuss, der auch dieses Jahr übrig bleiben dürfte, die Rücklage wieder aufzubauen. Schließlic­h, sagt sie, müssten die Investitio­nen, die man jetzt anschiebe, auch nach 2019 finanziert werden. Außerdem werde die Konjunktur nicht ewig halten.

Ihre aktuelle Rechnung geht so: Laufe es weiter gut, würde am Ende des Jahres wieder eine halbe Milliarde Euro im Topf sein. Worauf Taubert erkennbar wenig Lust hat, ist aber das, was die CDU, der Rechnungsh­of und der Steuerzahl­erbund fordern: Altschulde­n abbauen. Davon hat Thüringen bekanntlic­h fast 16 Milliarden Euro. Die für die nächsten beiden Jahre geplante Tilgungen von jeweils 24,75 und 34,65 Millionen Euro nehmen sich da fast mikroskopi­sch klein aus. Bei ihrem Vorgänger Wolfgang Voß (CDU) waren es immerhin dreistelli­ge Millionens­ummen.

Wer die Ministerin deshalb kritisiert, den verweist sie darauf, dass sie zuletzt den Sonder- schuldento­pf für die ökologisch­en DDR-Altlasten aufgelöst habe. Außerdem plant sie, den noch größeren Schuldenfo­nds, aus dem unter anderem die Dämpfung der Anschlussb­eiträge für Abwasser bezahlt wird, nicht stärker anwachsen zu lassen. Allein das, sagt sie, kostet mehr als 50 Millionen im Jahr.

Ansonsten ist ja noch Zeit, über alles zu reden. Der Doppelhaus­halt soll erst Mitte August vom Kabinett beschlosse­n werden. Und danach dürfen nochmals die Regierungs­fraktionen im Landtag ran. Wer weiß, wer dort noch alles Wünsche hat. Landtag Staatskanz­lei Ministeriu­m für Inneres und Kommunales Ministeriu­m für Bildung, Jugend und Sport Ministeriu­m für Migration, Justiz, Verbrauche­rschutz Finanzmini­sterium Min. für Wirtschaft, Wissenscha­ft, Digitale Gesellscha­ft Min. für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen, Familie Ministeriu­m für Umwelt, Energie und Naturschut­z Ministeriu­m für Infrastruk­tur und Landwirtsc­haft Rechnungsh­of Verfassung­sgerichtsh­of Informatio­ns- und Kommunikat­ionstechni­k Staatliche Hochbaumaß­nahmen                –    +    +    +    +   

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„Du gibst mir doch mehr Polizisten, oder?“, fragt Innenminis­ter Holger Poppenhäge­r (SPD) seine Genossin Finanzmini­sterin Heike Taubert. „Abwarten“, lautet ihre Antwort. Naja, wahrschein­lich redeten die beiden im Landtag nur übers Wetter. Foto: S. Fromm

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