Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Diplomatie im Möbelhaus
Wer kennt sie nicht, die Gretchenfrage kurz vor der Kaufentscheidung eines neuen Möbelstücks. Der ein oder andere hat die Situation schon einmal erlebt:
Ein Umzug steht ins Haus, ein neues Möbelstück muss her, da das alte die besten Jahre bereits hinter sich hat. Eine schicke Couch, ein zeitgemäßes Bett und ein mondäner Kleiderschrank sollen es sein. Der Kopf ist voll kreativer Eingebungen, man sprudelt nur so vor, seiner Meinung nach, eleganten und bahnbrechenden Ideen, richtet sich in Gedanken das zukünftige Wohnidyll ein, um letztlich doch feststellen zu müssen, die bessere Hälfte verfolgt eine völlig andere Strategie, ja bevorzugt vielleicht sogar das Stoffmuster und die scheußliche Farbe, die einem die Schweißperlen auf die Stirn treibt. Zunächst sollten wir uns klarmachen, dass es jeder Partei zusteht, sich eine eigene Meinung zu bilden. In dem Wort „Meinung“steckt schließlich das kleine Wörtchen „mein“. Die Ansicht und Vorstellung, die ich habe, ist meine eigene und damit ganz persönliche. Sie muss nicht gleichzeitig auch die des anderen sein.
Theoretisch ist uns das auch meist klar. Und dennoch sind wir, ehe wir uns versehen, wieder mitten im Streit um Meinungen und Ansichten. Wenn es gut läuft, heißt es bei einer Meinungsverschiedenheit nicht: Ich will gewinnen. Sondern: Wir wollen gewinnen. Dann findet sich am Ende eher eine Lösung für das Problem, mit der beide gut leben können. Gelingt das, so finden sich letztlich auch die richtige Couch, das geeignete Bett und der passende Kleiderschrank im neuen Heim wieder.