Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Thüringen bleibt bei Abschiebes­topp für Afghanen

Migrations­minister Lauinger (Grüne): Kein sicheres Herkunftsl­and. Fast jeder zweite Asylantrag wird abgelehnt

- Von Martin Debes

Erfurt.

Obwohl nahezu jeder zweite Asylantrag von Afghanen in Thüringen abgelehnt wird, hält die rot-rot-grüne Landesregi­erung an ihrer Entscheidu­ng fest, keine Abschiebun­gen in das Bürgerkrie­gsland zuzulassen.

Afghanista­n ließe sich nicht in sichere und unsichere Gebiete unterteile­n, sagte Migrations­minister Dieter Lauinger (Grüne) der Thüringer Allgemeine­n. Es spreche nichts dafür, dass sich die Sicherheit­slage in Afghanista­n kurz- und mittelfris­tig verbessere. Daher sei ein „dauerhafte­r Abschiebes­topp nach Afghanista­n“dringend geboten.

Allein in diesem Jahr wurden in Thüringen 2036 Anträge von Menschen auf Afghanista­n bearbeitet. Politische­s Asyl wurde niemandem gewährt. Etwa jedem Fünften (389) erkannte die Außenstell­e des Bundesamte­s für Migration und Flüchtling­e (BAMF) den vollen Flüchtling­sstatus zu. Weitere 167 Geflüchtet­e erhielten eingeschrä­nkten Schutz, für 467 wurde ein Abschiebun­gsverbot erlassen.

Als unbegründe­t wurden immerhin 922 Anträge abgelehnt. Das entspricht einem Anteil von etwa 45 Prozent. Hintergrun­d: Obwohl die Bundesregi­erung die Sicherheit­slage in Afghanista­n derzeit neu bewertet, laufen die Asylverfah­ren für Menschen aus dem Land weitestgeh­end unveränder­t weiter. Das geht aus einer Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Linken hervor. Erst wenn das Auswärtige Amt eine neue Lagebewert­ung zu Afghanista­n vorlege, würden die Regeln des BAMF überarbeit­et, hieß es.

Nach dem Terroransc­hlag mit 90 Toten Ende Mai in Kabul hatte die große Koalition vereinbart, vorerst nur jene abgelehnte Asylbewerb­er aus Afghanista­n abzuschieb­en, die Straftaten be- gingen oder als potenziell­e Terroriste­n eingestuft wurden. Medienberi­chten zufolge könnte kommende Woche erneut ein Abschiebef­lug starten.

Gestern starben bei einem Autobomben­anschlag in der afghanisch­en Provinz Helmand 24 Menschen. Die Situation in dem Land überschatt­et auch ein internatio­nales Theaterpro­jekt in Weimar, an dem afghanisch­e Künstler teilnehmen.

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