Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

E-Mobilität und Diesel-Krise: 20 000 Arbeitsplä­tze in Gefahr

13. Branchenta­g Automotive stellt wichtige Weichen für die Zukunft. Ilmenau wird als Forschungs­zentrum ausgebaut

- Von Dietmar Grosser

Erfurt.

Durch den Vormarsch der Elektro-Autos und anderer alternativ­er Antriebe ist in den nächsten Jahren jeder dritte der knapp 60 000 Arbeitsplä­tze in der Thüringer Autobranch­e gefährdet.

„Unsere Zulieferer sind in den meisten Fällen klassisch aufgestell­t und stellen zu 90 Prozent mechanisch­e Komponente­n für ganz normale Autos her. Bis zum Jahre 2025 aber wird weltweit jedes vierte Auto elektrisch über die Straßen rollen“, so Michael Militzer als Chef des Autocluste­rs „Automotive Thüringen“gestern am Rande des 13. Branchenta­ges in Erfurt.

Hier trafen sich Unternehme­n, mit Wissenscha­ftlern und Politikern, um Strategien für die nächsten Jahre zu diskutiere­n. Zusätzlich­en Zündstoff boten die aktuelle Krise um die Schadstoff­belastung durch Dieselfahr­zeuge sowie Pläne der Grünen, klassische Motoren in der Zukunft generell zu verbieten.

Zur E-Mobilität kommen neue Herausford­erungen etwa durch das autonome Fahren oder die digitale Vernetzung. Keiner könne in die Glaskugel schauen und exakt vorhersage­n, wann der eigentlich­e Durchbruch der neuen Technologi­en erfolge, so Militzer weiter. „Aber wir müssen auch in Thüringen daran gehen, sofort an der Zukunft zu arbeiten und vor allem den vielen kleinen und mittelstän­dischen Betrieben neue Perspektiv­en aufzeigen“, fügte der Branchen-Experte hinzu.

Immerhin sei fast jeder zweite Mitgliedsb­etrieb des Thüringer Autonetzwe­rkes mit einem jährlichen Umsatz unter fünf Millionen Euro zu klein, um erfolgreic­h auf diesen gravierend­en Umbruch in der Autobranch­e zu reagieren. „Ich will keine Angst verbreiten, aber wir müssen uns den Realitäten so schnell wie möglich stellen. Wenn ein heuti- ges Auto noch Tausende Teile hat, so bleibt im E-Auto ein Zehntel übrig – und das sind ganz andere Komponente­n “, so Militzer. Chancen für Thüringer Unternehme­n sieht er etwa im Leichtbau, neuen Kunststoff­Komponente­n, in der Logistik sowie in intelligen­ten SoftwareLö­sungen. Aus diesem Grund werde der Standort Ilmenau mit seiner Universitä­t im Bereich automobile­r Forschung aufge- wertet. So würden Kompetenzz­entren für Kunststoff und AutoIndust­rie zusammenge­legt, und eine eigene Professur für Automobilw­irtschaft geschaffen.

Auch für Thüringens Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee (SPD) gibt es keine Alternativ­e zur schrittwei­sen Umstellung auf E-Mobilität, Gasantrieb­e oder Wasserstof­f- und Brennstoff­zellen-Autos. Für Tiefensee ist es jetzt wichtiger denn je, Netzwerke in der Branche zu bilden, zu kooperiere­n und den Kontakt zu den Thüringer Forschungs­einrichtun­gen auszubauen. „Einzelkämp­fer haben in Zukunft keine Chance mehr“, so der Minister. Er sieht Perspektiv­en für die Thüringer Firmen vor allem darin, neue Produkte zu entwickeln und sich weitere Standbeine zu schaffen, um nicht einseitig von Aufträgen der Autobranch­e abhängig zu sein.

 ??  ?? Michael Militzer (links) ist Chef des Autocluste­rs „Automotive Thüringen“und seit kurzem Professor für Automobilw­irtschaft an der TU Ilmenau. Gestern tauschte er sich mit Klaus Augsburg, dem Leiter des Thüringer Innovation­szentrums Mobilität an der TU...
Michael Militzer (links) ist Chef des Autocluste­rs „Automotive Thüringen“und seit kurzem Professor für Automobilw­irtschaft an der TU Ilmenau. Gestern tauschte er sich mit Klaus Augsburg, dem Leiter des Thüringer Innovation­szentrums Mobilität an der TU...

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