Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Auf dem grössten Balkon der Stadt
Die Kleingartenanlage Sonnenbad ist mit über 100 Jahren die älteste Ilmenaus. Die Mitglieder feiern gern und viel im eigenen Vereinsheim
Ilmenau.
„Das Schönste ist, Gemüse, Beeren und Obst aus dem eigenen Garten zu haben. Da weiß man, wie etwas schmecken kann“, sagt Helmut Preiß. Der 66-Jährige hat seit 25 Jahren seinen Kleingarten in der Ilmenauer Anlage Sonnenbad. Die ist mit 109 Jahren die älteste Kleingartenanlage Ilmenaus, die nicht nur eine interessante Geschichte, sondern auch ein paar Alleinstellungsmerkmale hat.
Entstanden ist die Kleingartenanlage auf dem Gelände des ehemaligen Luft- und Sonnenbades auf der Sturmheide, einem Berg oberhalb des Stadtkerns. „Balkon von Ilmenau“nennen die Kleingärtner ihre Anlage deswegen auch. Aus den Gärten reicht der Blick über die Stadt bis zu den angrenzenden Bergen des Thüringer Waldes.
Das große Vereinshaus, eine ehemalige Gaststätte, bietet Platz für 50 Personen und dürfte in dieser Größe nicht in jeder Anlage vorhanden sein. Das Haus ist zugleich der größte Posten im Vereinshaushalt, so Regina Morgenroth. Die 66-Jährige verwaltet die Finanzen des Vereins und ist seit 20 Jahren dabei.
Im oder am Vereinshaus wird oft gefeiert. Wie die Kleingärtner berichten, gibt es Frühlings-, Garten-, Herbst- und Oktoberfeste. Auch zu Silvester und zur Sonnenwende sitzt man gern gesellig zusammen.
Ein großes Windrad steht oberhalb der Anlage und ist schon von weitem zu sehen. Es diente früher dazu, Wasser mittels Windkraft auf den Berg zu pumpen. Heute ist das Rad ohne Funktion. In einer gemeinsamen Werkstatt findet sich von der Kettensäge bis zum Rasentraktor alles, was der Kleingärtner braucht.
50 Gärten in Größen von 100 bis 380 Quadratmetern gibt es. Sie werden von Kleingärtnern im Alter von 30 bis über 80 Jahren bewirtschaftet, sagt Helmut Preiß. Der Gartenfachberater und Vorsitzende der Revisionskommission spricht davon, dass die Anlage überaltert. Waren Kleingärten zu DDR-Zeiten fast so rar wie Bückware, haben die Anlagen inzwischen mit Leerstand zu kämpfen. Aktuell sind am Sonnenbad fünf Gärten frei. „Der Garten ist mein Ausgleich, ich bleibe immer in Bewegung“, so Helmut Preiß. Regina Morgenroth: „Ich war von Kind an einen Garten gewohnt. Als ich später keinen hatte, merkte ich, dass etwas fehlt.“
1895 gründete sich in Ilmenau der Verein für Gesundheitspflege und arzneilose Heilweise, heißt es in der Chronik des Vereins, basierend auf den Lehren eines Naturarztes.
Um eine gesunde Lebensweise praktisch zu verwirklichen und auch für andere zu ermöglichen, kaufte der Verein in den Jahren 1907 und 1908 die ersten Grundstücke auf der Sturmheide. Er errichtete das Luft- und Sonnenbad, dazu kamen 40 Gärten. Am 6. Juni 1909 wurde das öffentliche Bad eingeweiht.
Das gesundheitsfördernde Bad sollte für jeden erschwinglich sein, so kostete eine Familien-Jahreskarte nur zwei Mark. Duschen mit kaltem Wasser, Sonnenliegen aus Holz, einige Sportgeräte gab es.
Mehr zum Thema finden Sie unter: www.ta-ilmenau.de