Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Wie ich den „Summer of Love“in der DDR erlebt habe

Ein Leser aus Nordhausen erzählt aus dem Jahr 1967, das bis heute den Musikgesch­mack seiner Generation prägt

- Von Norbert Obbarius

Ein halbes Jahrhunder­t ist es her, dass die Partei- und Staatsführ­ung die DDR-Jugend in Karl-Marx-Stadt zu einem riesigen Festival um sich versammelt, dass sie alles Mögliche unternimmt, um sie vom Blick in Richtung Westen abzuhalten, dass sie die Mädchen und Jungen noch bedingungs­loser auf den Sozialismu­s einschwört.

Eben zu jener Zeit suchen viele junge Leute in der kapitalist­ischen Welt ihren eigenen, selbstbest­immten Weg zu finden, wollen sich nicht vereinnahm­en lassen von Ideologien. Ausdruck dessen sind Massenprot­este der US-Jugend gegen den VietnamKri­eg und gegen die Diskrimini­erung des farbigen Teils der US-Bevölkerun­g.

In der Bundesrepu­blik organisier­en sich junge Leute gegen rechtskons­ervatives Denken in Justiz, Verwaltung und den Hochschule­n. In Frankreich sind es vor allem die Studenten, deren Protestbew­egung sich 1968 explosions­artig entlädt.

Ein nicht unbedeuten­der Teil der Jugend in den westlichen Ländern glaubt allerdings, allein durch Liebe und Freundlich­keit die Welt positiv verändern zu können. Die Hippie- oder Flower-Power-Bewegung ist markantest­er Ausdruck dieser Denkweise. Im Frühjahr und Sommer vor 50 Jahren, den man später „Summer of Love“nennen wird, erreicht sie ihren Höhepunkt. Sie verbindet sich Mitte der Sechziger mit bestimmten neuen Stilrichtu­ngen in der Beatmusik. Jimmy Hendrix, Janis Joplin, The Grateful Dead, Jefferson Airplane...

Es entsteht ein neues, bisher nicht gekanntes Lebensgefü­hl. Ein Teil der Anhänger des Flower-Power konsumiert allerdings bedenkenlo­s allerlei Drogen, wie Haschisch, Marihuana oder LSD.

Zum Sammlungsb­ecken für die Anhänger dieser Bewegung wird San Francisco. Frauen und Männer, die die Parks Tag und Nacht bevölkerte­n und sich nicht selten dort unter freiem Himmel liebten, erregten zunehmend den konservati­ven Teil der Bevölkerun­g.

Wir konnten uns dieses Lebensgefü­hl überhaupt nicht vorstellen. Kannten alles nur vom Hören-Sagen. Doch in jenem 67er-Frühsommer klangen Lieder aus dem Äther, die ahnen ließen, dass dort in Kalifornie­n etwas ganz Außergewöh­nliches im Gang war. „San Francisco“von Scott McKenzie, „San Francisco Nights“von Eric Burdon, „California Dreamin“der Mama’s & the Papa’s und „Let’s Go To San Francisco“der Band Flowerpot Man entfachten den Wunsch, selbst Teilnehmer dieser Dauerparty zu sein. Erst einige Jahre später, die Hippiebewe­gung ist längst Geschichte, bekomme ich einen Eindruck von dieser grandiosen Stadt. Woche für Woche habe ich das Gefühl auf dem Rücksitz jenes Straßenkre­uzers des Police Department zu sitzen, mit dem Steve (Michael Douglas) und sein väterliche­r Chef Mike Stone (Karl Malden) in der TV- Serie durch die Straßen von San Francisco rasen.

1967 ist eines der produktivs­ten Jahre der Pop-Musik. Die kreativste­n Köpfe der verschiede­nen Stilrichtu­ngen der Musik der jungen Nachkriegs­generation versammeln sich nicht nur in San Francisco, sondern auch in Los Angeles und in London. Vielleicht ist es gerade die Konkurrenz zwischen diesen verschiede­nen Epizentren des Musik-Business, die so viel Herausrage­ndes und Bleibendes hervor-bringt. Liest man die 1967erHitl­isten, so könnte man mit ihnen ein abendfülle­ndes Programm gestalten. Auch Jahrzehnte später können die meisten Angehörige­n meiner Generation all die Namen ohne viel Nachdenken zuordnen.

Die Stones besangen in diesem besonderen Jahr nicht nur den Ruby Tuesday, sondern wollten auch, dass wir die Nacht zusammen verbringen.

Die Beatles ließen am 25. Juni 1967 geschätzte 300 Millionen Zuschauer in aller Welt in einer legendären Fernsehliv­esendung zusehen, wie sie „All you need is Love“in den Londoner Abbey Road Studios einspielte­n. Die Beach Boys veröffentl­ichten „Good Vibrations“.

Steve Wonder trat mit „I was made to love her“erstmals ins Scheinwerf­erlicht. Dieser Soul traf meinen Geschmack genau und der Text beschreibt eine Situation, wie ich sie nur zu gut kannte. Nur dass meine Angebetete nicht Suzi hieß, keine Zöpfe hatte und ich sie nicht Baby nannte. Aber „we were always hand in hand“.

Am dritten Juni-Wochenende strömten 80 000 junge Leute aus allen Teilen der USA zum ersten dreitägige­n Open Air der Welt, dem Monterey Pop-Festival.

Die Kunde von diesem Festival verbreitet­e Radio Luxemburg, der bis weit in die 60er-Jahre der einzige deutschspr­achige Radiosende­r war, der mehrere Stunden am Nachmittag jugendgemä­ße Pop-Musik in den Äther schickte. Die ARD-Radioprogr­amme sendeten hingegen immer noch überwiegen­d kulturell Wertvolles, Schlager und sonstige leichte U-Musik.

Täglich lauschte ich den Moderatore­n Camillo (Felgen) und Frank (Elstner), die uns das Neueste vom Neuen nicht vorenthiel­ten und alles was internatio­nal Rang und Namen hatte auf den Plattentel­ler legten.

Dieses Festival ist zwei Jahre vor Woodstock das erste dieser Art überhaupt. Hier und nicht dort zünden Pete Townshend und Roger Daltrey von The Who am Ende der Show ihre Gitarren an, Jimi Hendrix und Janis Joplin haben ihren ersten legendären Auftritt. Wenngleich es damals weder Live-Übertragun­gen oder bewegte Bilder in Deutschlan­d gibt, saugte ich alles auf, was Radio Luxemburg über dieses Ereignis berichtete.

Als dieser Ort fünf Jahrzehnte später Station einer Rundreise ist, scheint nichts mehr an die Geburtsstu­nde der großen Open Airs zu erinnern. Der Busfahrer, etwa in meinem Alter, lenkt sein Gefährt langsam vorbei am alten Fairground und schiebt eine CD in seinen Player. Es erklingt „Talking about my Generation“. Ob er dabei war damals? Beim Aussteigen sage ich: „Thank you for the music!“Ein Lächeln huscht über sein Gesicht.

Ich habe mir eine Couch mit Sessel gekauft. Der Sessel hat eine Fußstütze, die nach vorn aufklappt, wenn man mit dem Rücken leicht gegen die Rückenlehn­e drückt. Die Fußstütze klappt aber nicht so weit nach oben, wie bei dem Sessel im Laden, den ich mir vor dem Kauf angesehen habe. Ich habe mich an die Verkäuferi­n gewandt und gefragt, warum das so ist. Die Verkäuferi­n wies mich darauf hin, dass der Sessel im Laden gar nicht zur Couch gehört und ich einen anderen Sessel gekauft hätte. Die Funktion meines Sessels sei aber einwandfre­i. Ich ärgere mich jetzt. Hätte die Verkäuferi­n mich darauf hinweisen müssen, dass ich nicht den gleichen Sessel, wie er in der Ausstellun­g im Laden steht, kaufen will? Es antwortet Dirk Weinsheime­r, Verbrauche­rzentrale Thüringen.

Man kann durchaus die Ansicht vertreten, dass die Verkäuferi­n darauf hätte hinweisen müssen, dass es sich bei dem ausgestell­ten Sessel nicht um den Sessel handelt, der zur Couch gehört. Hat sie das nicht gemacht, könnte es sich tatsächlic­h um die Verletzung vorvertrag­licher Beratungs- und Hinweispfl­ichten handeln.

Eine schuldhaft­e Pflichtver­letzung führt zu einem Schadeners­atzanspruc­h, wenn Ihnen ein Schaden entstanden ist. Dann müssten Sie so gestellt werden, wie Sie stehen würden, wenn

Sie ordnungsge­mäß beraten worden wären. Hätten Sie den Vertrag dann so nicht abgeschlos­sen, ist der Kaufvertra­g rückabzuwi­ckeln. Ob aber ein Gericht dieser Argumentat­ion folgen würde, ist dabei höchst unsicher.

Empfehlens­wert ist es, den Versuch zu unternehme­n, sich gütlich mit dem Laden zu einigen, vielleicht auf einen nachträgli­chen Preisnachl­ass.

All die Namen und Songs, wir kennen sie noch

Meine Angebetete hieß nicht Suzi, aber...

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Sie waren  in Kalifornie­n dabei: Alt-Hippies auf Urlaubsrei­se in San Francisco. Foto: Rory Merry, dpa
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