Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Wenn ich König von Deutschland wär‘
Heute beginnen in Apolda die deutschen Schach-Meisterschaften. Dem Hamburger Niclas Huschenbeth brachte der Titel einst einen Job auf dem Traumschiff ein
Die Urkunde mit dem silbernen Sportabzeichen liegt auf dem Tisch. Als stummer Beweis, dass Schach ja auch Sport ist. Und Schachspieler durchaus sportlich sein können. Bernd Vökler hat in der vergangenen Woche natürlich mitgemacht beim Sportabzeichentag in Apolda, seiner Heimatstadt. Dabei kennt der Bundesnachwuchstrainer in diesen Tagen kaum eine ruhige Minute. Als Organisationschef der deutschen Einzel-Meisterschaften, die heute in der Stadt beginnen, hält er alle Fäden in der Hand.
Das, was die TSG Apolda seit Herbst vorigen Jahres auf die Beine gestellt hat, kann sich sehen lassen. „Wir haben die best-
Apolda.
besetzte Meisterschaft seit vielen Jahren“, sagt Vökler. Zehn Großmeister sind im 40 Spieler starken Teilnehmerfeld am Start, darunter Titelverteidiger Sergej
und mit Liviu-Dieter Nisipeanu (Dresden), Georg Meier (Baden-Baden), Rainer Buhmann (Hockenheim) und Niclas Huschenbeth (Hamburg) vier Spieler aus den deutschen Top ten.
Dahinter steckt weit mehr als ein Dutzend verschickter Einladungsschreiben. Dank örtlicher Sponsoren und der Integration des Turniers in die Landesgartenschau kommt ein stattlicher Preisfonds von 10 000 Euro zusammen. Nach der monetären Nullnummer 2016 in Lübeck – da spielten die, die kamen, nur um die Ehre – haben die ehrgei- zigen Apoldaer den Turnaround zu einem lukrativen und würdigen Titelkampf geschafft.
Landesmeister Ferenc Langheinrich (Empor Erfurt), einst ein Meisterschüler von Trainer Thomas Pähtz, und Cornelius Middelhoff (Apolda) mit dem Gastgeber-Freiplatz vertreten die Thüringer Farben.
Bernd Vökler wird mit Freude aber vor allem die jungen Wilden beobachten. Jene, die auf dem Sprung stehen. Und die, die ihn schon geschafft haben. Das vielbeachtete Prinzen-Projekt, das er vor acht Jahren ins Leben rief mit der Idee, den talentiertesten Jugendlichen eine besonders intensive Förderung zukommen zu lassen, lief vor zwei Jahren aus. Mit einer bemerkenswerten Bilanz. Aus den vier Talenten, die sich damals mit elf auf den Weg gemacht haben, sind längst kleine Schachkönige geworden – starke Großmeister, die schon die Spitze des deutschen Schachs repräsentieren.
Vom Quartett Matthias Blübaum, Dennis Wagner, Rasmus Svane und Alexander Donchenko sind die beiden Letzteren ab heute in Apolda dabei. Fast schon eine Schachgeneration älter ist Georg Meier. Der 29-Jährige feierte seinen Durchbruch bei der Olympiade 2008 in Dresden, als er am ersten Brett der Jugendolympiamannschaft die beste Performance aller deutschen Spieler erreichte.
Das Können, um den Titel mitzuspielen, besitzen die jungen Leute fraglos. Auch das nötige Selbstbewusstsein. Ich möch- te Meister werden, sagt Meier. Ich kann das schaffen, sagt Svane. Ich werde Meister, sagt Niclas Huschenbeth. Der 25 Jahre alte Hamburger kennt das Gefühl schon. 2010 holte er als 18Jähriger in Bad Liebenzell überraschend den Titel. Der brachte ihm ein Jahr später sogar den temporären Job eines SchachEntertainers auf der MS Deutschland ein. Ein Traumjob auf dem Traumschiff. Der Reiseveranstalter hatte auf der Suche nach einem geeigneten Kandidaten im Internet einfach nach dem „deutschen Schachmeister“gesucht. Noch ein Grund mehr, um in Apolda zu gewinnen.
Kalinitschew (Kreuzberg)
. Schach-Meisterschaft heute bis . Juli, täglich Uhr Apolda, Hotel am Schloss