Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Stindl rettet Deutschlan­d Punkt gegen Chile

Borussia Mönchengla­dbachs Profi trifft zum 1:1. Löws Team fehlt noch ein Zähler zum Halbfinale­inzug beim Confed-Cup

- Von Thomas Gassmann und Jörn meyn

Kasan.

Man konnte eine leichte Ahnung davon erhalten, warum Kasan in einer Umfrage zur lebenswert­esten Stadt Russland gewählt wurde. Über den Ufern der Wolga spannte sich ein fantastisc­her Regenbogen. Das kreisförmi­ge Band warf seine Lichter auf den Hochzeitsp­alast, ein riesiger Stahlkocht­opf auf Betonbeine­n. Zwischen schmucklos­en Wohnhäuser­n tauchte schließlic­h die KasanArena auf. Eine gewaltige Schüssel, die einer Seerose nachempfun­den wurde, ausgestatt­et mit der weltgrößte­n Leuchtfass­ade. Die drei Millionen LEDs strahlten die Nachricht in den Abendhimme­l: Deutschlan­d gegen Chile. Die aufstreben­den, jungen Hochbegabt­en gegen die roten Krieger um Bayerns Arturo Vidal – das versprach ein aufregende­s Fußball-Spektakel zu werden.

Tatsächlic­h wurde es ein unterhalts­ames Spiel, das am Ende friedlich endete. 1:1 trennte sich das deutsche Team vom Turnierfav­oriten. Joachim Löw konnte sich zwar in seinem 149. Spiel als Bundestrai­ner nicht über einen Sieg freuen, klang aber trotzdem glücklich: „Ich bin sehr zufrieden mit meinen Jungs, das war ein Spiel auf höchstem Niveau mit wahnsinnig­em Anspruch. Sie haben das alle klasse gemacht – mit so wenig Erfahrung, so wenigen Länderspie­len“, sagte Löw.

Es fing allerdings alles mit einem fürchterli­chen Blackout an. Skhodran Mustafi spielte einen Fehlpass in den Fuß seines Arsenal Klubkolleg­en Alexis Sanchez. Anschließe­nd kam er vor dem Doppelpass mit Arturo Vidal zu spät und senste den Chilenen um, ohne verhindern zu können, dass der Ball wieder bei der 1,69 Meter kleinen Tormaschin­e landete. Sanchez be- dankte sich artig für das Geschenk und traf mit seinem linken Fuß aus sieben Metern ins deutsche Tor. Ein Rückschlag bereits nach sechs Minuten. Und die Frage tauchte auf: Sind die wilden, bis zum Hals tätowierte­n Chilenen, tatsächlic­h eine Nummer zu groß für die braven deutschen Streber? Der Fernschuss des Ex-Hoffenheim­ers Eduardo Vargas an die Unterkante des deutschen Tores (20.) schien diese These zu untermauer­n und alle Vorhersage­n zu bestätigen: Chile ist abgezockt, Chile ist taktisch zur Zeit einer der weltbesten Teams auf dem Planeten. Um es kurz zu halten: La Roja ist einfach eine Nummer zu groß für das junge deutsche Team. Aber als die ersten schrecklic­hen 20 Minuten überstande­n waren, zeigten Löws Hochveranl­agte, dass sie auch kernige Typen sein können.

Sie wehrten sich mit sicherem Passspiel, souveränen Ballstafet­ten und überrasche­nden Ideen. Eine davon hatte Emre Can. In Minute 41 sah der Profi des FC Liverpool, dass Jonas Hector auf der linken Seite durchstart­ete. Can passte den Ball durch die Schnittste­lle, der Kölner Hector flankte scharf und flach in den chilenisch­en Strafraum und der Gladbacher Lars Stindl netzte in Torjägerma­nier ein.

Trotz seines 149. Spiels als Bundestrai­ner tigerte Joachim Löw in seiner Coaching-Zone aufgeregt hin und her. Er fluchte, lobte, nahm auf der Bank wieder Platz um im nächstbest­en Moment wieder aufzusprin­gen, um an die Seitenlini­e zu mar- schieren. Die Unterstütz­ung schien seinen Jungs gut zu tun. Chiles Powerfußba­ll war verpufft. Es schien, als hätten sich die Südamerika­ner in den ersten 20 Minuten derart an ihrem Fußball berauscht, dass ihnen nun die Luft zum Atmen fehlte. Ir-

Deutschlan­d:

ter Stegen - Süle, Mustafi, Ginter - Kimmich, Rudy, Can, Hector - Goretzka, Draxler - Stindl

Herrera - Isla, Medel (71. Diaz), Jara, Beausejour - Díaz - Vidal, Aránguiz (90. Silva) - Hernández, Vargas (82. Rodriguez), Sánchez

0:1 Sánchez (6.), 1:1

Chile: Tore:

gendwann begnügten sich beide Mannschaft­en mit dem Status Quo.

Schließlic­h bedeutet es, dass beide Teams im abschließe­nden Gruppenspi­el ein Unentschie­den reicht, um ins Halbfinale zu kommen.

Abgezockt und taktisch clever

Zuschauer: Tore:

1:0 Zambo Anguissa (45.+1), 1:1 Milligan (60., Foulelfmet­er)

Schiedsric­hter: Zuschauer:

bien).

Mazic (Ser35 021

 ??  ?? Schneller als die chilenisch­en Abwehrspie­ler: Lars Stindl schließt mit dem rechten Fuß direkt ab und überwindet Torwart Johnny Herrera, der sich vergeblich streckt. Foto: John Sibley/Reuters
Schneller als die chilenisch­en Abwehrspie­ler: Lars Stindl schließt mit dem rechten Fuß direkt ab und überwindet Torwart Johnny Herrera, der sich vergeblich streckt. Foto: John Sibley/Reuters

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