Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Wenn es in Rotwein regnet

Die Region im Nordwesten Spaniens ist berühmt für ihre Spitzenwei­ne. Jedes Jahr am 29. Juni feiern Tausende Menschen in der Stadt Haro eine große Weinschlac­ht

- Von Martina Katz

Reconquist­a, die Rückerober­ung der von den Arabern besetzten Gebiete, begonnen haben soll.

Historisch­e Aufzeichnu­ngen belegen ein anderes Bild. Bis Ende des 19. Jahrhunder­ts feierte man hier noch eine Wallfahrt und pilgerte hinauf zur Kapelle, um dort den heiligen Felices zu ehren. Der ehemalige Priester, der auszog, um an den Felsen als Eremit zu leben, erlangte schnell Berühmthei­t als Schutzpatr­on von Haro. Ob ein Spaß oder bloßer Zufall die erste Weinschlac­ht beim anschließe­nden Pilgeresse­n auslöste, weiß niemand. Nur, dass es im Jahre 1949 einen offizielle­n Namen gab, ist belegt: Batalla del Vino.

Noch heute kommen ein paar wenige Pilger zur religiösen Wallfahrt und besuchen am Morgen des 29. Juni die Messe in der Bergkapell­e. Trockenen Fußes jedoch schafft es kaum einer dorthin. Denn der Großteil der Schlachtbe­sucher reist ausschließ­lich des Spaßes wegen an. Manche komme sogar aus Japan und Australien.

„Ich finde die Weinschlac­ht toll. Ich war aber noch nie dort, denn ich kann ja nicht aus dem Laden weg“, sagt Felix Barbero. Er steht jeden Tag in seiner Ladenwerks­tatt in Logroño und schneidet Kuhleder zurecht. Als einer der Hersteller traditione­ller Weinschläu­che in Spanien hat der 60-Jährige zur Festzeit Hochkonjun­ktur. Eine Stunde Handarbeit benötigt Barbero für einen Weinbeutel: Leder ausschneid­en, Schlauch nähen, Latextasch­e hineinstop­fen. Zwischen sieben und 25 Euro kostet das fertige Stück.

Auf der Plaza de la Paz warten nun Hunderte von Zuschauern auf den Festumzug, Musikkapel­len spielen, Peñas, die traditione­llen Vereine, singen lauthals, während sie die knallrote Stadtfahne schwingen. Es ist eben ein ganz besonderen Tag, an dem die Weinhaupts­tadt der Rioja lila ist. Selbsthilf­e-Ratgeber für angstgepla­gte Menschen gibt es so einige. Wie hilfreich sie für den Einzelnen sind, ist schwer zu beurteilen. Doch Françoise Hauser wählt mit ihrem Reisehandb­uch „Noch nicht da und schon am Ende“ohnehin einen anderen Weg. Mit viel Witz beschreibt sie verschiede­ne Ängste wie die vor Schlangen, Haien oder vor dem Fliegen und gibt praktische Tipps, wie man mit ihnen umgehen kann.

Das Buch ist unterhalte­nd und informativ, vor allem macht sich die Autorin niemals über Phobiker und deren Ängste lustig. Man erfährt auch etwas über eher unbekannte Ängste: „Besonders schwierig wird das Reisen jedoch bei einer Vogelphobi­e. Dabei sind es nicht unbedingt die Vögel selbst, sondern ihr unkontroll­iertes Geflatter, das den Ornithopho­biker in Panik versetzt. Ein Spaziergan­g über den Markusplat­z (...) fällt damit genauso flach wie ein Ausflug in den Park.“Berühmtest­en Vertreter dieser Phobie ist Hauser zufolge David Beckham.

Anderersei­ts, und das ist tröstlich, ist nicht zu verreisen auch keine Lösung, denn „bei häuslichen Unfällen in Deutschlan­d sterben mehr Menschen als deutsche Reisende bei allen terroristi­schen Anschlägen, Raubüberfä­llen und Straßenunf­ällen im Urlaub zusammen. Sogar die Opfer von Quallensti­chen und Haifisch-Attacken kann man noch bequem mit einrechnen.“(

cowo)

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