Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Sebastian Vettel sieht rot im Chaos-Rennen von Baku
Zusammenprall mit Lewis Hamilton verschärft den Titelkampf. Der Ferrari-Pilot wird Vierter in Aserbaidschan
Baku.
Das Drehbuch für den Großen Preis von Aserbaidschan hätte Hollywood nicht besser schreiben können. Zwei Safety-Car-Phasen gab es beim Stadtrennen in Baku, einen Rennabbruch sowie eine Menge Ärger und Erklärungsbedarf. Die Drei auf dem Podium waren am Ende deshalb nur die Randfiguren beim aktionsreichsten Formel-1-Rennen des Jahres.
Schimpftiraden von Vettel
Sieger Daniel Ricciardo (Red Bull) und der Zweitplatzierte Valtteri Bottas (Mercedes) lagen nach Schäden an ihrem Fahrzeug nach Ende der ersten Runde schon abgeschlagen am Ende des Feldes und profitierten zum Schluss noch vom folgenden Chaos. Der drittplatzierte Lance Stroll (18) hielt sich fern von allem und konnte verkraften, dass er kurz vor der Ziellinie vom übermächtigen Bottas noch auf den dritten Platz verdrängt wurde. „Ich bin nur glücklich,“sagte Stroll, der fortan mit seinen 18 Jahren als jüngster Anfänger aller Zeiten in den Formel-1 Geschichtsbüchern geführt wird, der es aufs Podium schaffte.
Hauptdarsteller im Krimi in Baku waren aber die WM-Rivalen, Ferrari-Star Sebastian Vettel und Mercedes-Leitwolf Lewis Hamilton, die am Ende Vierter und Fünfter wurden. Grund: In der zweiten Safety-Car-Phase kamen sich die beiden schwer ins Gehege. Hamilton führte vor Vettel das Feld hinter dem Safety-Car an und verlangsamte in einer Kurve mehr als Vettel erwarten konnte. Folge: Der Heppenheimer konnte nicht mehr ausweichen und fuhr dem Briten ins Heck. Vettels Ferrari verlor dabei kleine Teile am Spoiler, aber das war es nicht, was Vettel auf die Palme brachte. Über Funk lud er sofort Schimpftiraden über Hamilton ab, „Was geht hier vor?“, war noch das harmloseste, was Vettel ins Helmmikrofon brüllte. Eins war klar: Vettel unterstellte Hamilton Absicht bei seinem Bremsmanöver. Während seines Wutausbruchs fuhr er neben den Mercedes, drohte mit der linken Hand und berührte – absichtlich oder nicht – mit seinem rechten Vorderrad das linke Vorderrad des Briten. Die Rennkommissare werteten dies als gefährliches Fahren und brummten ihm eine Zehn-SekundenZeitstrafe auf, die er in der Box aussitzen musste. Damit war eigentlich klar, dass der Weg frei für einen Hamilton-Sieg war.
Wenn das Drehbuch des Baku-Rennens wenig später nicht doch noch einen aufregenden Schwenk der Geschichte auf den Plan gerufen hätte. Hamilton nämlich, schon im Gefühl des sicheren Sieges, wurde von seiner Crew an die Box gerufen. Sein Kopfschutz hatte sich gelockert. Hamilton kostete der Zu- satzstopp eine Menge Zeit – er fiel hinter Vettel auf den neunten Platz zurück.
Nach dem Rennen war Vettel immer noch sichtlich erbost, aber der Blick auf die WM-Tabelle konnte ihn etwas beruhigen. Statt zurückzufallen konnte er in Baku sogar den Vorsprung auf Hamilton ausbauen. Er führt jetzt mit 14 Punkten Vorsprung nach acht von 20 Rennen die WM-Wertung an.