Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Pfarrer Manuel Kleefoot mahnt zur Achtung der Menschenwürde
Fahrrad verschwunden Gottesdienst in Altenfeld für die zwei getöteten und den schwerverletzten Jungen sowie deren Mutter und Angehörige
Rudisleben.
Ein Fahrraddieb hat am Donnerstagmorgen in Rudisleben in der Arnstädter Straße zugeschlagen. Der 46-jährige Besitzer hatte sein schwarzgelbes Mountainbike der Marke Merida gegen 6.15 Uhr dort abgestellt und es mit einem Seilschloss gesichert. Als er gegen 20 Uhr zurückkehrte, war das Rad, an dessen Rahmen zwei HSVAufkleber kleben, weg. Das Fahrrad besitzt einen Wert von rund 400 Euro. Eventuelle Zeugen des Diebstahls werden gebeten, sich bei der Polizei unter Tel. (03677) 6010 zu melden.
Altenfeld.
Altenfeld trauert weiter. Vor dem abgesperrten Haus der Familie sind die vielen Plüschtiere und Blumen verschwunden, doch die Trauer, die Hilflosigkeit, das Entsetzen und die Wut sitzen weiterhin tief.
„Mit fast zugeschnürter Kehle kommen wir heute morgen hier in der Altenfelder Kirche zusammen“, sagte Ruhestandspfarrer Manuel Kleefoot zu Beginn des Gedenkgottesdienstes am Sonntag. Man habe als Dorfgemeinschaft mit den Angehörigen zusammengefunden, der es die Sprache verschlagen hat, „angesichts einer Bluttat, die wir nicht verstehen“. Er sprach von einem sinnlosen Tod der Kinder N. und T., für die zwei Kerzen in der Kirche brannten, und der lebensbedrohlichen Verletzung des kleinen T., und man denke an ihre Mutter D. Man wolle allen Angehörigen deutlich machen, dass sie nicht allein sind.
Die Texte des Pfarrers wurden begleitet von Bläsern aus Großbreitenbach und von der Organistin Irina Thiele aus Neustadt. „Gibt es dich, o Gott?“, fragte der Pfarrer, der auch in seiner Funktion als Gemeinderat den Gottesdienst für alle aus dem Dorf hielt. „Als liebender Gott kannst du doch eine solche Tat gegen drei kleine Kinder nicht zulassen. Und als strafender Gott, da müssen wir dich fragen. Ja, wen willst du denn strafen? Und warum?“
Letzten Endes aber trage jeder die Verantwortung für sein Handeln selbst. Gott solle uns aber die Kraft zu verantwortungsvollem Handeln an jedem Tag unseres Lebens schenken.
Biblischer Vergleich zu Kain und Abel
Durch die Kirchenfenster schien die Sonne herein, in den Kirchenbänken griffen die Menschen immer wieder zu ihren Taschentüchern.
Der Pfarrer führt zum Vergleich die biblische Stelle an, als Kain seinen Bruder Abel erschlug. Warum? Dazu stehe in der Bibel keine plausible Antwort.
Warum hat der Vater zwei seiner Kinder am 15. Juni getötet? „Warum denn nur diese Wut, diese Gewalt, diese Brutalität gegenüber Hilflosen?“
Der mutmaßliche Täter schweigt zu seinem Motiv. Vermutungen sprach der Pfarrer aber aus: Die Angst des Vaters, die Kinder im Falle einer Trennung von seiner Frau zu verlieren. Seine Sorge, als Arbeitsloser nicht genug Geld für seine Familie zu haben. Doch, so Kleefoot, Gewaltpotenzial schlummere in jedem Menschen. Bei dem Vater sei es jedoch ausgebrochen, zu einem Zeitpunkt, als drei potenzielle Opfer bei ihm waren. Das sei keine Entschuldigung für die brutale und unbegreifliche Tat, aber die Menschen sollten den Vater nicht auf immer und ewig ausgrenzen und verdammen. „Er muss mit seiner Bluttat weiterleben – bis an sein Ende!“
Die Tat, wie schrecklich sie auch ist, dürfe nicht dazu füh- ren, die Zeichen der Menschenwürde zu missachten. Gewalt dürfe nicht mit Gewalt beantwortet werden, weder mit Worten, noch mit Taten, noch irgendwelchen Schuldzuweisungen. In sein Gebet schloss der Pfarrer die Angehörigen des Tatverdächtigen und ihn selbst ein.
Ebenso die Mitarbeiter des Jugendamtes, die aus dem Moment heraus nach bestem Wissen und Gewissen entschieden hätten. Niemand dürfe jetzt mit Fingern auf sie zeigen.
Zum Schluss erinnerte der Pfarrer an das Hilfskonto, das die Gemeinde für die Mutter und ihren Sohn eingerichtet hat. Dahin ging auch die Kollekte des Gedenkgottesdienstes. „Allen, die von Herzen geben, sei ebenso von Herzen dafür gedankt“. Nach dem Gottesdienst hörte man in der Kirche das Schluchzen der Angehörigen.