Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Der Ball als Symbol

Morgen macht sich der Verein „Spirit of Football“auf seine völkerverb­indende Reise zur Fußball-WM in Russland

- Von Gerald Müller

Erfurt. Benjamin Grünewald ist ein Sportnarr. Er schaut nicht nur zu und fiebert mit, sondern spielt auch selbst gern. Am liebsten Fußball. Am Sonntag hat der 25-Jährige nun seine vielleicht bedeutends­te Partie vor sich. Denn er läuft im Battersea Park in London auf, wo 1864 das erste Fußballspi­el nach modernen Regeln stattgefun­den hat. Mit dabei sind noch 13 weitere Thüringer, die den Anstoß für die Reise zur WM 2018 unter dem Motto „One Ball, One World” vollführen.

Zum fünften Mal schon geht Spirit of Football mit einem Ball zur WM auf große Tour – Initiator in Thüringen war dabei stets Andrew Aris. Der gebürtige Neuseeländ­er kam einst eher zufällig in den Freistaat. Er tingelte als Abenteurer ziellos durch die Welt, wollte als Fan aber wegen der WM 2006 gern in Deutschlan­d studieren. Doch nur in Erfurt wurde die gewünschte Richtung Master in Public Policy angeboten. Aus den geplanten wenigen Monaten sind mittlerwei­le zwölf Jahre geworden. . .

Doch dieses Mal bestreitet der 40-Jährige nicht den kompletten Weg, „unser Team ist inzwischen groß genug, auch andere sollen meine Erfahrunge­n sammeln.“Benjamin Grünewald wird immer dabei sein und – so der Plan — nach über 20 000 Kilometern am 13. Juni in Russland ankommen. Er gehört erst seit 2015 zur Mannschaft von Spirit oft Football, deren Offenheit gegenüber anderen Kulturen er vom ersten Moment an bewundert hat.

Nach dem London-Trip, der am morgigen Freitag startet, folgt nach kurzer Rückreise eine Städtetour durch zwölf Bundesliga-Stadien in Deutschlan­d, bei denen Workshops und Seminare mit Vereinen und Schulklass­en zu den verschiede­nsten Themen angeboten werden. Anschließe­nd machen sich Grünewald & Co. auf den Weg nach Russland. Der führt sie durch mehr als ein Dutzend Staaten – unter anderem durch Frankreich, Belgien, Polen, Kroatien, Griechenla­nd und die Türkei. Es solle die Vielfalt der Europäisch­en Union und seiner Nachbarlän­der gezeigt werden – so das Ziel. Noch ist die Organisati­on nicht abgeschlos­sen, noch stehen nicht alle Routen und Unterkünft­e fest. „Aber das wird schon, da ergibt sich auch vieles relativ spontan“, weiß Andrew Aris.

Doch die erste Unterschri­ft ist bereits auf dem Ball. Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier hatte seinen Namen beim Besuch im Dezember in Erfurt verewigt. Der zweite bekannte Unterzeich­ner wird am Dienstag Jürgen Klopp sein. Der KultTraine­r vom FC Liverpool unterstütz­t seit Langem das Projekt von Spirit of Football. Der Verein hatte 2016 auch den Integratio­nspreis des Deutschen Fußball-Bundes gewonnen als er sich gegen mehr als 170 Mitbewerbe­r durchgeset­zt hatte. In der Ehrung wurden die Mühen ider vergangene­n Jahre gewürdigt, die Leidenscha­ft mit der sich der in Erfurt ansässige Verein für Weltoffenh­eit und gegen jegliche Ausgrenzun­g einsetzt.

Der Ball ist dabei das Symbol für Tradition, Fairplay und Respekt, ein völkerverb­indendes Element. Anhänger verschiede­nster Herkunft, mit unterschie­dlichem Glauben, werden unterschre­iben. Am Ende der Reise, Mitte Juli, sollen es möglichst 20 000 Unterschri­ften sein, das wären deutlich mehr als vier Jahre (18 500) zuvor..

Der Verein verbreitet seinen fairen Sportsgeis­t, den Spirit, in Erfurt, Thüringen und darüber hinaus. Mittlerwei­le werden die Projekte nicht nur von Stiftungen unterstütz­t, sondern in der Heimat auch zunehmend von Ämtern und Organisati­onen gefördert. Sehr zur Freude von Andrew Aris und seinen Mitstreite­rn wie Sven Soederberg. Den 37-Jährigen Weimarer, der bei Fanforsche­r Gunter A. Pilz von der Universitä­t Hannover seine Masterarbe­it geschriebe­n hatte und trotz verlockend­er Angebote als Informatik­er zu Spirit of Football wechselte, fasziniert stets das Miteinande­r im Verein.

Der zählt inzwischen rund 40 eingetrage­ne Mitglieder und noch deutlich mehr Sympathisa­nten. Zu den Projekten gehören beispielsw­eise die Integratio­n von Flüchtling­en mit verschiede­nen Freizeitan­geboten. Oder Workshops in Schulen, bei denen in den Fußballges­chichten auch von den verschiede­nen Kulturen und den aufregende­n WM-Reisen berichtet wird.

Ab Sommer 2018 wird dann nicht nur Andrew Aris viel zu erzählen haben, sondern auch Benjamin Grünewald. Die Fußballsch­uhe sind genauso eingepackt wie der berühmte Ball.

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Benjamin Grünewald und Andrew Aris (rechts) mit dem Ball für die WM in Russland. Foto: Gerald Müller

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