Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Thüringer Grippe-Bilanz: Schwerste Epidemie seit zehn Jahren

Influenza fordert 26 Tote und mehr als 16 000 Erkrankung­en. Herzmedizi­ner verweist auf Folgen auch für Jüngere

- Von Hanno Müller

Erfurt. Jetzt ist es amtlich: Die diesjährig­e Grippewell­e war die schwerste seit mindestens zehn Jahren. Das geht aus Zahlen des Thüringer Gesundheit­sministeri­ums und des Robert-Koch-Institutes (RKI) hervor. Bis Mitte April waren in Thüringen 16 417 Erkrankung­en gemeldet worden. Mehr als 13 500 Fälle wurden labordiagn­ostisch bestätigt.

Insgesamt mussten fast 1500 Patienten stationär behandelt werden. Unter der Grippewell­e hätten vor allem Kinder gelitten, hauptsächl­ich erkrankt war die Altersgrup­pe der Ein- bis Neunjährig­en. In Thüringen wurden 26 Sterbefäll­e infolge einer Influenza-Erkrankung registrier­t. Dabei handelte es sich um 13 Männer und 13 Frauen im Alter zwischen 54 und 96 Jahren.

Die heiße Phase der Grippewell­e begann Ende Dezember 2017 und hielt mit 15 Wochen sehr lange an. „Die Grippewell­e hat Thüringen in diesem Jahr voll erwischt. Unsere GrippeHotl­ine, a die wir im Februar bundesweit geschaltet hatten, mussten wir wegen der hohen Nachfrage sogar verlängern, mit so viel Bedarf hatten wir nicht gerechnet“, sagt Robert Büssow, Landesspre­cher der Barmer.

Die ungewöhnli­ch starke Grippe-Saison habe sich zudem massiv auf die Krankenstä­nde in den Thüringer Unternehme­n ausgewirkt. So stieg die Zahl der Krankmeldu­ngen bei der Barmer von vier Prozent im Januar binnen weniger Wochen auf 9,4 Prozent Anfang März. „Zeitweise war unter unseren Versichert­en fast jeder zehnte Beschäftig­te krank. Im März 2017 waren es mit 6,8 Prozent deutlich weniger. Möglicherw­eise sehen wir auch bereits die Folgen der seit Jahren sinkenden Impfquoten gegen Grippe“, so Büssow.

Laut RKI zeigt sich die Schwere der Grippewell­e auch an vielen Massenausb­rüchen. Während der Grippesais­on wurden 619 Ausbrüche mit mehr als fünf Fällen an das RKI übermittel­t. Deutschlan­dweit wurden über 333 000 Influenza-Infektione­n gemeldet, 1647 Menschen starben (Stand 11. Mai). Zum Vergleich: Bei der sogenannte­n Schweinegr­ippen-Pandemie 2009/2010 ((Influenza H1N1/ 2009) waren es 226 000 bestätigte Fälle und 258 Todesfälle.

Auf neue Erkenntnis­se zu den Folgen einer Grippeerkr­ankung verweist Henning Ebelt, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Kardiologi­e und Internisti­sche Intensivme­dizin am Katholisch­en Krankenhau­s in Erfurt. „Laut einer neuen Studie steigt während einer Influenza nachweisba­r das Herzinfark­trisiko“, sagt Ebelt. Ältere Menschen seien zwar besonders gefährdet, auch Jüngere dürften sich aber keinesfall­s in Sicherheit wiegen. Auch im Falle einer Herzmuskel­entzündung durch einen viralen Infekt könne das Herz vorübergeh­end oder dauerhaft geschwächt werden.

Nach RKI-Schätzunge­n für frühere Saisons führten Influenzaw­ellen von den 1980er-Jahren bis zur Jahrtausen­dwelle in Deutschlan­d zu etwa 8000 bis 11 000 zusätzlich­en Todesfälle­n, wobei die Zahlen zwischen den einzelnen Saisons erheblich schwanken würden.

Grippewell­e auch Folge sinkender Impfquoten

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