Nie wieder ein zu hartes Ei
150 Nachwuchsforscher präsentierten bei „Jugend forscht“und „Schüler experimentieren“in Jena ihre Ideen – darunter auch viele praktische Anwendungen
Ganz professionell mit Mikroskop und Zentrifuge analysierten Johanna Wiechert, Mara Leuschner und Kati Schöne (von links) vom Roman-Herzog-Gymnasium in Schmölln verschiedene Honigsorten auf Aussehen, Konsistenz und Geschmack. Alle Ergebnisse wurden protokolliert. Fotos: Hanno Müller Jena. Sage noch einmal jemand, Kinder und Jugendliche würden nur am Handy daddeln. Die rund 150 Nachwuchsforscher, die gestern ihre ideenreichen und findigen Projekte beim Landeswettbewerb „Jugend forscht“und „Schüler experimentieren“in der Jenaer Fachhochschule präsentierten, dürften dazu relativ wenig Zeit haben. Es sei denn, Handy oder Tablett sind sogar Teil dieser Ideen. So wie bei der „Blätterhilfe“aus Erfurt.
in Istanbul, die in der Kategorie Technik bei „Jugend forscht“am Landeswettbewerb teilnahmen. In perfektem Deutsch präsentierten sie ihr mit vielen Sensoren bestücktes T-Shirt. Beugt sich der Rücken des Trägers, schicken die Module eine Ermahnung aufs Handy-Display. Dabei setzten die Erfinder auch auf das Gedächtnis der Muskeln. Täglich zehn Minuten im T-Shirt, und schon nach einem Monat sitzt der Träger von allein besser, versichern sie. Derzeit tüfteln Recep und Berkay an einer deutlich kleineren Variante
der Verarbeitungsplatine. Im sicheren Gehäuse aus dem 3DDrucker könnte diese auch beim Sport eingesetzt werden. Im Wortsinn getüftelt hat auch Jonah Kessels (11) vom CarlZeiss-Gymnasium Jena. Auslöser war seine Vorliebe für Weintrauben, die allerdings nie aus Thüringen kommen. „Trauben vom Polarkreis – lässt sich die Geografie überlisten?“hat er sein Experiment genannt. Und
dabei richtig tief in die Trickkiste gegriffen. Um etwa Neigung und Sonneneinstrahlung der Thüringer Weinhänge bei Kunitz, Zwätzen und Bad Sulza zu simulieren, benutzte er ein Schreibpult aus dem elterlichen Keller. Als Licht-, Wärme- und Messquelle dienten ein höhenverstellbare Tischlampe sowie Lichtmesser und Thermometer. Die Ergebnisse sind eindeutig: Je steiler der Hang, desto höher die Aufheizung und Lichtintensität und desto besser die Weinanbaubedingungen. Und auch das ist ein Ergebnis von Jonahs Experimenten: Was an den 30- und 36-Grad-Hängen um Jena herum noch funktioniert, braucht man am Nordpol wegen der niedrigen Temperaturen und kurzen Sonnenphasen gar nicht erst probieren. Franz Teuber, Magdalena Volland und Franz Aaron Stückrad aus Erfurt erfanden eine automatische Umblättermaschine. Mit Lichtsensoren und selbst entwickelten Farbtafeln ermitteln Elena Ermantraut und Eva Kockelkorn, wann ihr Frühstücksei perfekt ist.
Ideen weiterarbeiten können sie im Rahmen eines Forschungspraktikums, dass sie – neben einem ersten Platz bei „Jugend forscht“– gestern als Sonderpreis von Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft zugesprochen bekamen. Über einen 1. Platz und den Superlativ „Bestes interdisziplinäres Projekt“konnten sich Saskia Floderer und Maria Matveev vom Carl-Zeiss-Gymnasium Jena
freuen. Sie untersuchten die Blätter des Schwimmfarns (Salvinia natans) unter dem Rasterelektronenmikroskop und stellten Erstaunliches fest: Dank tentakelartiger Schneebesenhaare umgeben sich die Blätter unter Wasser mit einer schützenden Luftschicht, von der in den einschlägigen Experimenten der beiden Gymnasiastinnen so ziemlich alles abperlte. Die praktische Idee dabei: Ließe sich der Effekt auf dem Rumpf großer Schiffe simulieren, könnten so die Reibung vermindert und weniger CO2 ausgestoßen
werden. In Rohren ließen sich Flüssigkeiten mit weniger Energieaufwand transportieren. Am perfekten Frühstücksei dank Lichtmessung arbeiten Elena Ernantraut und Eva Kuckelkorn von der Jenaplanschule. Derzeit ist ihre Messapparatur noch recht groß. Doch die beiden 13-Jährigen tüfteln bereits an einem Sensor, der die Daten direkt aus dem Eierkocher auf das Handy sendet.