Welche Kliniken braucht das Land?
Drei Krankenhäuser betreibt das Deutsche Rote Kreuz im Norden Thüringens. Pläne zur Umstrukturierung lösen Streit mit den Kommunen aus
Erfurt. Etwa 35 Kilometer sind es von Sömmerda bis nach Bad Frankenhausen, knapp 30 von Bad Frankenhausen nach Sondershausen. In allen drei Städten gibt es nahezu gleichwertige DRK-Kliniken als medizinische Grundversorger. Geht es nach dem Träger, sollen sich die Häusern künftig spezialisieren und ergänzen. Bad Frankenhausen soll zum Zentrum für Altersmedizin werden. In Sondershausen wurde immer wieder die Geburtsstation in Frage gestellt.
Allerdings müssten die Bewohner dann möglicherweise zu bestimmten Behandlungen oder zu einer Geburt ins Krankenhaus einer anderen Stadt fahren. Nicht zumutbar, finden die kommunalen Verantwortlichen. In den vergangenen Wochen entwickelte sich draus ein heftiger Streit.
Aktuell herrscht freilich erst einmal Burgfrieden. Aus dem Kyffhäuserkreis heißt es dazu auf Nachfrage, es habe ein Treffen gegeben zwischen dem Präsidenten des DRK-Landesverbandes Christian Carius (CDU), der in Sömmerda seinen Wahlkreis hat, und der Landrätin des Kyffhäuserkreises, Antje Hochwind (SPD). Dabei sei Schweigen über Verhandlungsdetails vereinbart worden. Immerhin verrät der Sprecher des Kyffhäuserkreises Heinz-Ulrich Thiele, dass Fachleute des Krankenhausträgers und des Kreises intern mögliche Strukturänderungen der Kliniken beraten wollen. „Grundsätzliche Forderung des Kyffhäuserkreises bleibt die Absicherung der medizinischen Grund- und Regelversorgung im Kyffhäuserkreis durch die Kliniken in Bad Frankenhausen und Sondershausen“, so Thiele.
Auch Christian Carius bittet um Verständnis, dass der DRKLandesverband zunächst weitere Gespräche abwarten will. Man ziehe auf beiden Seiten externen Sachverstand zur Schlichtung hinzu und bitte zudem das Gesundheitsministerium um Moderation, um die Wogen zu glätten. Letztlich gehe es um eine gute Versorgung und um zukunftsfähige Häuser.
Hintergrund ist die Krankenhausstrukturreform des Bundes. Grundsätzlich geht es darum, welche Kliniken mit welchen Versorgungsstrukturen und Fach- abteilungen künftig gebraucht und wie sie finanziert werden. Im Landeskrankenhausplan und der zugehörigen Rechtsverordnung macht auch Thüringen den über 40 Häusern im Land Qualitätsvorgaben hinsichtlich Fachpersonal sowie Behandlungspraxis und OP-Mengen. Für Reformen steht ein Strukturfond bereit, mit der Co-Finanzierung des Landes summieren sich die Mittel auf 26 Millionen Euro. Das Krankenhaus in Sömmerda soll laut den Reformplänen Kardiologie, Intensivtherapie und Radiologie ausbauen. Das Manniske-Krankenhaus im Kurort Bad Frankenhausen im Kyffhäuserkreis. Archiv-Foto: Nico Kiesel
Eine Chance, die man sich bei der DRK-Krankenhausgesellschaft Thüringen-Brandenburg wohl nicht entgehen lassen will. Sowieso komme man in Folge des demografischen Wandels in den geografisch eng beieinander liegenden Häusern um Spezialisierungen nicht herum, begründeten die Verantwortlichen ihre Reformpläne Anfang April bei Vor-Ort-Terminen in den Kliniken. Innerhalb der spezialisierten und sich ergänzenden DRKFamilie würden in Sömmerda Kardiologie, Intensivtherapie und Radiologie ausgebaut. Sondershausen und Bad Frankenhausen sollten sich im ersten Anlauf auf Altenmedizin und erweiterte Ambulanz konzentrieren. Inzwischen verhandelt man
auch dort wieder über den Erhalt der Geburtshilfe. Innere und Notaufnahme sichern in jedem Fall die Grundversorgung normaler Krankenhäuser.
Tatsächlich liegt der DRK-Betreiber damit ganz auf der Linie der Strukturreform und ist zudem vielen eine Nasenlänge voraus. Eingereicht werden können Anträge an den Strukturfond bis Ende Juli.
Carius wurde Anfang April mit den Worten zitiert, es gäbe derzeit in Thüringen kein Projekt, dass bis dahin Planungsreife erhalten könnte und zuteilungsfähig wäre.
Beim Kyffhäuserkreis, in dessen Bereich die Häuser in Bad Frankenhausen und Sondershausen liegen, stoßen die DRKBetreiber Das Krankenhaus in Sondershausen wurden am . Januar vom Deutschen Roten Kreuz übernommen. Archiv-Foto: Marco Kneise
dennoch auf keine Gegenliebe. Selbst mit dem scharfen Schwert der Rekommunalisierung wird im Landratsamt gedroht. Dabei setzt man auf eine Rückfallklausel in den Verträgen mit dem DRK, wonach der Kreis die Privatisierung rückgängig machen kann, wenn sich die Versorgungsstruktur verschlechtere. Nach TA-Informationen gibt es bereits Kontakte zum kommunal geführten Süd-Harz-Klinikum in der Roland-Stadt.
Rückenwind erhalten die Überlegungen durch die Gebietsreform. Nach den jüngsten Plänen sollen Nordhausen und der Kyffhäuserkreis zusammengehen. So wurde Nordhausens Landrat Matthias Jendricke
(SPD) bereits mit den Worten zitiert, es wäre sinnvoll, „wenn das Südharz-Klinikum die beiden Krankenhäuser (in Sondershausen und Bad Frankenhausen) mit bewirtschaftet, statt Konkurrenz zwischen den Häusern zu haben.“Ein Organisationsplan liegt bereits in der Schublade.
Dass sich das DRK von Häusern trennen könnte, bezeichnete Präsident Carius bereits als abwegig. Letztlich müssen auch die Krankenkassen überzeugt werden.
Für bizarr hält man den Streit beim Verband der Ersatzkassen in Thüringen (vdek). „Die Reformen sind gewollt und nicht aufzuhalten. Rational ist der kommunale Widerstand nicht nachvollziehbar. Konzentration und Foto: Jens König
Spezialisierung sind unumgänglich und aus Sicht der Patienten sinnvoll“, sagt vdek-Landeschef Arnim Findeklee. Auf engstem Raum dreimal dasselbe vorzuhalten, sei unwirtschaftlich und unvernünftig.
Die Mittel aus dem Strukturfond hält Findeklee für deutlich zu gering. „Das Geld reicht wahrscheinlich gerade mal für ein Projekt“, so der vdek-Chef.
Der Klinikführer ist für , Euro in Pressehäusern und unter www. klartext-verlag.de erhältlich.
Welchen Versorgungsauftrag haben die DRK-Kliniken laut Plan?
Die drei DRK-Kliniken werden gemeinsam auf einem Datenblatt geführt. Darauf werden für alle drei Häuser eine Chirurgie sowie Abteilungen für Innere Medizin und Intensivmedizin ausgewiesen. Den Häusern in Sondershausen und Sömmerda wird jeweils ein Bereich für Frauenheilkunde und Gebursthilfe zugeschrieben, Sondershausen ist zudem geriatrisch tätig.
Kann das DRK als Klinikträger den Versorgungsauftrag ändern?
Laut Gesundheitsministerium wird sich der Versorgungsauftrag der DRKKrankenhäuser nicht ändern. Es bleibe bei einem regional intermediären Versorgungsauftrag mit mindestens einer Hauptabteilung und den Fächern, die im Krankenhausplan ausgewiesen sind. Sollte der Träger die Zuweisung der Fächer auf die einzelnen Standorte ändern wollen, muss dies von der Krankenhausplanungsbehörde, sprich vom Gesundheitsministerium, abgesegnet werden.
Kassen: Streit rational nicht nachvollziehbar
Welche Änderungen dürfen Kliniken eigenständig vornehmen?
Sofern sie nicht den festgelegten Versorgungsauftrag berühren, stehen organisatorische Umgestaltungen im Belieben des jeweiligen Klinik.