Ein Doyen des Denkmalschutzes
Nach 23 Jahren geht Helmut-Eberhard Paulus, der Direktor der Schlösser-Stiftung, in Rente
Rudolstadt. Was für ein knorriger Kerl, mag mancher von uns in aller Laxheit gedacht haben, zu der Journalisten mitunter fähig sind. Falsch. Prof. h.c. Dr. Helmut-Eberhard Paulus hat keine Schrullen. Sondern Prinzipien. Bei ihm, der heute nach 23 Jahren als Direktor der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten in den Ruhestand verabschiedet wird, mag man diese Eigenschaft zum Teil als berufsbedingt, zum Teil als genetisch identifizieren. In-Gen-iös, aber unprätentiös.
Schlicht legt Paulus Wert auf die Errungenschaften der Zivilisation, auch im menschlichen Umgang. Das bedingt seinen Stil und seine Haltung: aufrecht, kompromisslos, im Zweifelsfall widerständig. Der Aufgabe, für die Instandsetzung und -haltung von 31 historischen Liegenschaften im Lande Verantwortung zu tragen, ist das nur angemessen. Denn es sind lauter Kronjuwelen hiesiger Baukunst, an denen sich für den, der es zu lesen versteht, unsere Geschichte dokumentiert. Wie wir wurden, wer wir sind.
Gemessen daran wären 23 Jahre bloß ein Wimpernschlag. Gerade weil Paulus, als fränkischer Preuße, sich dessen allzeit bewusst war, hegte und pflegte er unser aller Schlösser und Burgen, Klöster und Parks mit erdenklicher Akribie und Passion. Natürlich war sein Etat dafür immer zu klein und sein Anspruch meistens zu hoch. Doch Denkmalschutz ist keine Kür und keine Frage der Konjunktur. Sondern eine Pflicht, die Geduld und Beharrlichkeit einfordert. Darin ist Paulus – so altmodisch, so aus der Zeit gefallen er scheinen mag – ein großartiges Vorbild. Und ein Virtuose in der Kunst der kleinen (Baufort-)Schritte.
Der Denkmalschutz sucht für jede Immobilie den Interessensausgleich zwischen historischer Gestalt und aktuellen Bedürfnissen der Nutzer, zwischen Zeitgeist und Ewigkeit. Konstanz, Wahrhaftigkeit und das erworbene immaterielle Vermögen, über Stil und Faktur, Qualität und Bedeutung jedes noch so arabesken Details Bescheid zu wissen, bedingen den Respekt vor den Altvorderen, der sich so auf einen wie ihn überträgt. Wer je das Vergnügen hatte, Paulus über einen Fries, ein Fresko Helmut-Eberhard Paulus geht in den Ruhestand. Foto: Martin Schutt, dpa
oder auch nur die Vierung einer Kirche aus dem Stegreif erzählen zu hören, fühlte sich, zumal wenn er gewahr wurde, welche Leidenschaften da lodern, reich beschenkt. Wer aber glaubt, seine besondere Vorliebe gelte den Gärten und Orangerien, weil ihm das Säuerliche naheliege, hat von der barocken Lust an der Zitrusfrucht – und ihren guten Gründen – schier gar nichts verstanden.
Dreizehn Jahre in Regensburg, dreiundzwanzig in Thüringen. Auch diese kürzeste aller Kurzbiografien spricht für sich. Und wenn der gebürtige Erlanger die bayerische Domstadt als Wahlheimat im vermeintlichen Ruhestand wählt, müssen wir diese Entscheidung leider respektieren.
Vom 1. Mai, dem Tag der Arbeit, an ist er seiner Pflichten entbunden – ein freier Mann. Thüringen sagt: Danke, Helmut-Eberhard Paulus!