Thüringer Allgemeine (Artern)

„Von dem vergessene­n Stück Butter können wir nicht leben“

In Bretleben kennen Edgar und Karin Wilske nach 25 Jahren die Geschmäcke­r im Ort

- Von Kerstin Fischer

Bretleben. Vor 25 Jahren übernahmen Karin und Edgar Wilske den Laden in Bretleben. Es war der ehemalige Konsum im Ort, der wie viele andere kurz nach der Wende seine Schotten dicht gemacht hatte. „Nach der Wende war er kurz privat, erinnert sich Edgar Wilske. Der 65Jährige und seine Frau möchten eigentlich gar nicht in die Zeitung und auf ein Foto schon gar nicht. „Wir haben immer unsere Arbeit gemacht und es hat uns Freude bereitet“, sagt Karin Wilske und der Hauch von Abschied ist nicht zu überhören.

Denn 27 Jahre nach der Wende wird nun bald auch das Lebensmitt­elgeschäft in Bretleben die Pforten schließen – die Wilskes hören im Herbst auf. „Altersbedi­ngt“, sagt Edgar Wilske.

Auch wenn sie gern im Laden waren, ein bisschen sind sie irgendwie Früh um  Uhr öffnen die Wilskes in Bretleben ihren Laden, über Mittag ist Pause und dann geht es bis  Uhr. Nur Montagnach­mittag gehört ihnen. Foto: Wilhelm Slodczyk

auch froh. „Dass es die kleinen Läden auf den Dörfern immer schwerer haben, das wissen die Leute doch“, wehrt sich Edgar Wilske gegen einen Zeitungsbe­richt. An den Stadtrände­rn waren Einkaufsmä­rkte wie Pilze aus dem Boden geschossen. Billig ist es dort und die Auswahl riesig. Wer ein Auto hat,

lädt einmal die Woche den Kofferraum voll. „Von dem vergessene­n Stück Butter können wir aber nicht leben“, sagt Karin. Worte, die tief blicken lassen. Und dann erzählen sie doch. Von ihrem Beginn als Wirtsleute im Ort, der Übernahme des Konsums nach der Wende in Reinsdorf und ihrem Rückgang nach

Bretleben, wo der Konsum inzwischen ebenfalls leer stand. Von arbeitsrei­chen Jahren ohne freie Tage und Urlaub. „Wir haben nie zugemacht! Dann wären die Frischware­n ja verdorben oder wir hätten alles wieder neu einkaufen müssen“, sagt Karin Wilske, „es musste immer weitergehe­n“. Als ihr Mann mal länger krank war, habe wochenlang die Tochter mit zugepackt. In Stundenloh­n umrechnen darf die Arbeitszei­t keiner. Dazu nagen Pacht und der Strom für die Kühlregale an den Einnahmen.

Der Handelsrie­se Edeka war von Anfang an Partner der Wilskes. Brot und Brötchen beziehen sie von der Bäckerei Münx in Kalbsrieth, Wurst von Holzapfel in Oldisleben. Nichts mit Aufbackbrö­tchen aus dem Automat– auf regionale Produkte legen die Wilskes Wert. Und auch für Briefmarke­n und Pakete ist der Laden Umschlagpl­atz.

Ansonsten spiegelt das Geschäft zu fast hundert Prozent den Geschmack der Bretlebene­r wider, ob beim Bier, beim Joghurt oder bei den Zigaretten­sorten. Naturjoghu­rt etwa geht gar nicht. Darum wird keiner bestellt. Und wenn ein Auswärtige­r „Camel“haben will, hat er auch schlechte Karten. Die Wilskes kennen die Vorlieben im Dorf genau. Betagten Kunden fährt Edgar Wilske den Einkauf auch an die Tür – welcher Supermarkt hat das schon zu bieten? Und sogar anschreibe­n lassen geht im „Konsum“noch. So lange das Geld nicht auf sich warten lässt. Doch immer die feinen Nadelstich­e, wenn ein Kunde in den Laden kommt und nach etwas fragt, weil er es „woanders“nicht bekommen hat.

Das tut weh. nachträgli­ch:

Feldengel

Herbert Thums zum 87. Geburtstag recht herzlich!

Wir wünschen allen Jubilaren, auch den nicht genannten, alles erdenklich Gute!

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