Sömmerdaer funken auf der Bienstädter Warte
Amateurfunker planen Test mit 80-Meter-Antenne – Erinnerungen an die ehemalige Funkkontrollstelle werden geweckt
Bienstädt. Es wird nicht zu übersehen sein und mit Sicherheit Fragen aufwerfen. Über der Bienstädter Warte wird am 26. August ein Wetterballon schweben, mit dem ein 80 Meter langer Edelstahldraht in die Höhe gezogen wird.
Verantwortlich für dieses Flugmanöver sind die Mitglieder des X06, des Amateurfunkverbandes Sömmerda. Sie realisieren an diesem Tag ein seit langem geplantes Versuchsprojekt, bei dem untersucht werden soll, wie sich die Funkwellen bei dieser Art von Antennen-Gestaltung ausbreiten.
Nach Angaben von Stefan Herrmann, dem Leiter dieses Projekts, ist dies der erste Versuch dieser Art, der in Thüringen gemacht wird. In den alten Bundesländern gab es zwar schon derartige Experimente – dort habe man aber den Deckel auf den Erkenntnissen gelassen, weshalb die Sache jetzt selbst untersucht werde.
Die Bienstädter Warte habe man sich deshalb als Standort für den Versuch erwählt, weil sich die Erhebung bereits bei anderen Aktivitäten des Verbandes bewährt habe. Schließlich gehe es auch darum, dass der Ort gut mit den Autos erreichbar sein müsse, in denen die mobile Funktechnik montiert sei.
Die dafür notwendigen Genehmigungen, unter anderem vom Luftfahrtamt und vom Erfurter Tower, liegen für den betreffenden Tag bereits vor. Derzeit Die Bienstädter Warte steht für Ex-DDR-Bürger vor allem für Funküberwachung. Archiv-Foto: Patrick Krug
sei man noch in Verhandlung mit einem Sponsor für den Wetterballon. Vielleicht werde die Firma Linde Helium und Ballon zur Verfügung stellen, hofft Stefan Hermann. Sollte es nicht klappen, werde der Verband den Ballon selbst finanzieren – in die Luft ginge er am 26. August auf alle Fälle.
Interessierte könnten den Aufstieg gerne verfolgen. 11 Uhr wird der Ballon in der Luft sein – 24 Stunden lang werden die Funker die verschiedenen Kontaktaufnahmen in unterschiedlichen Frequenzen probieren.
Antennen gab es auf der Bienstädter Warte schon seit dem Zweiten Weltkrieg, wie ein Ausflug in die Geschichte zeigt. Mit der „Funkkontrollstelle Südwest“wurde zu DDR-Zeiten die Qualität und Frequenztreue der DDR-Sender überwacht und natürlich auch nach „Schwarzsendern“gesucht. Bei den Amateurfunkern wurden der Standort und die „Funkdisziplin“überwacht.
Die ersten Antennen auf der Warte wurden von der Wehrmacht errichtet, wusste Horst Reimann – für einen Fliegerleitsender, der über ein Druckluftkabel vom Flughafen Erfurt aus gesteuert wurde. Bis 1975 wurde die Anlage nach dem Krieg von der NVA zur Funküberwachung genutzt. 1985 baute die Stasi ihr Verwaltungsgebäude – das letzte Überbleibsel, das lange noch an diese Zeiten erinnerte.