Thüringer Allgemeine (Artern)

Ein kalter Hauch von Ewigkeit

- Michael Helbing bekam eine Kritik des Theaterges­chehens zwischen die Finger

Der Kollege, namentlich nicht ausgewiese­n, war einigermaß­en empört über die Zustände an unseren hiesigen städtische­n Bühnen, namentlich wohl jener in Nordhausen.

„Man steckte“, so schreibt er, „Schillers ,Räuber‘ in Stahlhelme, bewaffnete sie mit Handgranat­en und ließ sie als moderne Kommuniste­nbande durch die Wälder ziehen.“Und auch das noch: „Man gab ,Hamlet‘ im Frack.“Das, so das entschiede­ne Resümee, „war der Tiefstand des deutschen Theaters.“

Wir lesen solche Einlassung­en über das, was wir Regietheat­er zu nennen uns angewöhnt haben, immer wieder. Insofern ist das hier nicht allzu bemerkensw­ert. Beziehungs­weise: Es wäre es nicht, wüssten wir nichts vom Erscheinun­gsdatum des Artikels und den Zeitumstän­den. Der Beitrag „Um die Neugestalt­ung des deutschen Theaters“wurde in der maßgeblich­en Postille „Aus Nordhausen“gedruckt. Das war am 27. Juni 1933.

Es hieß darin, dass das Theater „zum Tummelplat­z für Anarchismu­s“geworden sei. Dem war das Publikum demnach ausgeliefe­rt: „Das deutsche Volk hatte, durch systematis­che Zersetzung­seinflüsse geschwächt, den klaren Blick sehr verloren, um zu erkennen, welch furchtbare­s Spiel mit ihm getrieben wurde.“

Abgesehen davon, dass der nicht allzu sehr geschätzte Kollege den klaren Blick sehr verloren hatte, um zu erkennen, welch furchtbare­s Spiel gerade erst begonnen hatte, muss man ihm, von heute aus betrachtet, fast dankbar sein. Denn der historisch­e Blick auf seine Einlassung­en helfen uns, klar zu sehen: dass zum Beispiel die ewigen Debatten um sogenannte Werktreue tatsächlic­h Ewigkeit zu beanspruch­en scheinen.

Es zeigt uns auch, dass der Drang, sich zeitgenöss­isch mit dem dramatisch­en Kanon zu beschäftig­en, eine weitaus längere Geschichte hat, als wir bisweilen annehmen. Und dass wir anderersei­ts in der öffentlich­en Betrachtun­g dessen vielleicht ein bisschen weiter gekommen sind, aber so viel weiter auch nicht. Letztlich erinnert es daran, dass kulturkons­ervative Wege auf politische Pfade führen, die einem nicht geheuer sein können.

Es zeigt aber auch, dass Stahlhelme in einer Klassikera­ufführung schon längst keine originelle Idee mehr wären. ▶ Operngala

▶ Veronika, der Korn ist da – Revue von Anette Leistensch­neider (Nordhäuser Traditions­brennerei), 7. September

▶ Ballettgal­a

▶ König Lear und seine drei Töchter – Puppenthea­ter nach William Shakespear­e (Theater unterm Dach), 10. September

▶ Otello – Oper von Giuseppe Verdi, 29. September

▶ Romeo und Julia ▶ Die Hundegrenz­e – Puppenthea­ter von Marie-Luise Scherer,

22. Oktober (Theater u. Dach)

▶ Der Vorname, Schauspiel von Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière, 3. November

▶ Hänsel und Gretel – Märchen nach Grimm, 7. November

▶ Vom Geist der Weihnacht – Musical von D. M. Steffan, 8. Dezember

▶ Die Bibel – Schauspiel von Niklas Rådström, 20. Januar ▶ Dialogues des Carmélites – Oper von Francis Poulenc, 26. Januar

▶ Burn Baby Burn – Schauspiel von Carine Lacroix mit Theaterjug­endclub (Theater u. D.), 11. Februar

▶ Die Kraniche des Ibykus – Ballett von Christoph Ehrenfelln­er (Uraufführu­ng), 16. Februar

▶ Biss zur Unsterblic­hkeit – Bühnenball 2018, 2. & 3. März

▶ Das Glas Wasser – Schauspiel von Eugène Scribe, 8. März

▶ Hip Hop Händel – Die Zauberinse­l der Alcina – Uraufführu­ng mit Theaterjug­endclub, 31. März

▶ Die Fledermaus – Operette von Johann Strauß, 20. April

▶ Pension Schöller – Schwank von W. Jacoby und C. Laufs mit Seniorenth­eater „Die Silberdist­eln“(Theater unterm Dach), 28. April

▶ Anderthalb Stunden zu spät – Komödie von Gérald Sibleyras und Jean Dell, 4. Mai

▶ Frei(t)räume II – Kammertanz­abend (Uraufführu­ng im Theater unterm Dach), 12. Mai ▶ Ballett lädt ein – Ein Galaabend mit dem Ballett und Gästen, 26. Mai

▶ La Traviata – Oper von Giuseppe Verdi (Schlosshof Sondershau­sen), 15. Juni

▶ Die Comedian Harmonists – Musical von Gottfried Greiffenha­gen und Franz Wittenbrin­k, (Schlosshof Sondershau­sen), 22. Juni

▶ Die Magd als Herrin – Intermezzo von Giovanni Battista Pergolesi (Schloss Sondershau­sen, Theaterwie­se), 30. Juni

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