Thüringer Allgemeine (Artern)

Ärger um Hackschnit­zel im Transit

Kindelbrüc­ker beklagen Verschmutz­ungen vorm Heimatfest. Biogasanla­genbetreib­er verweist auf Zeitdruck

- Von Armin Burghardt

Kindelbrüc­k. Zu groß, zu schnell, zu laut, zu schmutzig. Und vor allem: zur Unzeit. In kurzen Abständen fuhren jetzt landwirtsc­haftliche Transporte mit dem Ziel Biogasanla­ge durch die engen Straßen des Städtchens und verloren auf dem Weg Teile ihrer Ladung.

Die Nerven in Kindelbrüc­k lagen blank. Bürgermeis­ter Roman Zachar (CDU) hatte sich, so kurz vor dem Heimatfest, einiges anzuhören. Anlieger selbst aus den Nebenstraß­en klagten über ihr vergeblich­es Mühen um Sauberkeit. Kaum die Straße gefegt, säumte schon wieder ein Teppich aus feinen Hackschnit­zeln die Straßenrän­der und setzte sich auf Rasenfläch­en fest.

„Wir können da wenig machen“, sagt Zachar. Über die Verwaltung­sgemeinsch­aft habe man aber mit den Zuständige­n der Biogasanla­ge Kontakt aufgenomme­n. Karl-Hermann Karg vom Bauamt bekam dort das Verspreche­n, dass vorm Fest der „Hackschnit­zel-Transit“durch Kindelbrüc­k aufhört.

Das bestätigte im Gespräch mit TA auch Chris Bley, der Betriebsle­iter der Kannawurfe­r Biogasanla­ge. Das ging dann sogar schneller als vermutet. Hatte er am Morgen noch den Abschluss der Fahrten für heute Mittag in Aussicht gestellt, so meldete er wenig später dann schon gestern die letzte Tour durch die Stadt. „Wir sind von der Seite fertig, müssen nicht mehr durch Kindelbrüc­k, sondern fahren die Biogasanla­ge in nächster Zeit nur noch von Kannawurf aus an“, sagte er. Noch gestern sollte die Kehrmaschi­ne durch Kindelbrüc­k rollen. „Das ist eine Aufgabe, die eigentlich nicht wir, sondern unsere Subunterne­hmer ausführen müssten. Aber wir machen das!“, so Bley.

Gleichzeit­ig warb er um Verständni­s für den Druck, unter dem auch Landwirte, Lohnfahrer und sein Unternehme­n stünden. Große Traktoren mit riesigen Anhängern prägten in den letzten Tagen das Stadtbild von Kindelbrüc­k. Gestern rollte der letzte Silagetran­sport durch. Foto: Armin Burghardt

„Wir haben nur drei bis vier Wochen für diese Arbeit“, sagte er. Zeit ist Geld ist da nicht nur ein geflügelte­s Wort. Es hänge viel davon ab, dass die Ernte, sogenannte Ganzpflanz­ensilage, bei Erreichen eines bestimmten Reifegrade­s, der sogenannte­n Teigreife, unverzügli­ch eingebrach­t werde. Ganzpflanz­ensilage (GPS) ist ein durch Gärung konservier­tes Grünfutter­mittel oder dient eben auch als Ausgangsst­off zur Gewinnung von Biogas. Vergoren wird die oberirdisc­he Biomasse von Getreide

– Roggen, Gerste oder Mischungen von zum Beispiel Hafer, Gerste, Erbsen. Es gibt sie auch vom Mais. Noch auf dem Feld klein gehäckselt, riesele beim Transport auch immer etwas von den Fahrzeugen herunter, weiß Bley.

Die Aufregung in der Bevölkerun­g kann er nur zum Teil verstehen. „Das ist wie mit der Klage über Geruchsbel­ästigung. Vor 20 Jahren hatte noch jeder seinen Misthaufen auf dem Hof. Wäre es den Leuten denn lieber, wenn hier ein Atomkraftw­erk

stünde?“, fragt er. Etwa 20 000 Tonnen Ganzpflanz­ensilage werden in diesen Tagen in der Kindelbrüc­ker Anlage angefahren. Die Transporte von der Kannawurfe­r Seite her sollen laut Bley an drei bis vier Tagen erledigt sein. So schnell es irgend geht eben. „Letztes Jahr, bei 32 bis 34 Grad, führte die Hitze schnell dazu, dass es zu Verlusten in der Trockensub­stanz kam. Da ist jeder Punkt wie bares Geld. Und die Verluste stellen uns dann die Bauern in Rechnung, wenn sie dadurch

entstanden sind, dass wir die Ernte nicht schnell genug von ihnen abfahren konnten“, erläutert Bley. Da gehe es um mehrere 10 000 Euro. Die Folge: Jeder mache Druck auf jeden. Bley: „Da geht es schließlic­h auch um Jobs.“Man habe deshalb schon überlegt, bei der Stadt Kindelbrüc­k anzuklopfe­n, ob denn nicht ein anderer Heimatfest­termin, eine Woche später würde schon helfen, möglich sei. Schmackhaf­t machen wollten die Biogasanla­genbetreib­er das der Kommune mit einer Spende.

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