Liebesgrüße aus Moskau
Kosten und Mühen haben sie in Russland wahrlich nicht gescheut, um sich der Welt von ihrer glänzenden Seite zu zeigen. Mehr als zwölf Milliarden Euro sind in Stadienbau und Infrastruktur geflossen. So viel, wie bei keiner anderen WM bisher. Für das größte Land der Erde sind Superlative selbstverständlich. Man versteht sich als Weltmacht – und will dies auch demonstrieren. Bloß keine falsche Bescheidenheit.
Dass an diesem gigantischen Modernisierungsprogramm korrupte Funktionäre und dubiose Unternehmer kräftig mitkassiert haben sollen, ist alles andere als ein typisch russisches Problem. Kaum ein sportliches Großereignis läuft mittlerweile ohne Skandale ab.
Dagegen ist der ausgestreckte Mittelfinger von Robbie Williams zwar eine Lappalie. Trotzdem sorgte der Popstar damit für weltweite Empörung. Dass er mit diesen „Liebesgrüßen“an seine Kritiker auf deren harsche Kritik reagierte, macht die Geste nicht besser. Vor allem seine Landsleute nehmen Williams den Auftritt in Moskau übel. Nach dem Giftanschlag auf den Ex-Agenten Skripal und seine Tochter in Salisbury blieben die britische Regierung und auch die Königsfamilie der Eröffnungsfeier demonstrativ fern.
Die Freude über den perfekten Auftakt ließen sich die Russen dadurch aber nicht vermiesen. Wenn der Ball rollt, wird alles andere ausgeblendet. Der Jubel auf dem Rasen und den Rängen fiel euphorisch aus. Weil vor dem Anpfiff die Angst vor einer Blamage groß war. Zehn Monate lang hatte die stolze Mannschaft nicht mehr gewonnen, war beim Confed Cup bereits in der Vorrunde ausgeschieden und in der Weltrangliste auf Platz 70 abgestürzt.
Doch mit dem höchsten Sieg in einem WM-Eröffnungsspiel – erst seit 1966 wird es separat ausgetragen – dürfte die oft gescholtene Sbornaja die Zuneigung ihrer Fans zurückgewonnen haben. Und das ist etwas, was man nicht kaufen kann.