Sommerhitze: Stausee statt Stadtführung?
Ob sich die heiße Urlaubssaison als Top-Jahrgang für den Thüringer Tourismus herausstellt – das steht noch nicht fest. Einige Anbieter profitieren schon jetzt besonders
Erfurt. Die Tourismusbranche in Thüringen profitiert unterschiedlich von dem ersten durchgängig heißen Sommer seit 15 Jahren. Während sich für die Campingplätze ein Top-Jahr abzeichnet, hat der Städtetourismus bei Temperaturen von deutlich über 30 Grad teilweise zu kämpfen. Das ergab eine Umfrage. „Aktuell gehen wir davon aus, dass vor allem Stauseen, kühle Wälder und Campingplätze vom Wetter profitieren“, sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums. Bei anderen Ausflugszielen wird teilweise ein Besucherrückgang beobachtet.
„Die heißen Temperaturen haben einen deutlichen Einfluss auf das Verhalten unserer Gäste“, erklärt Anne-Katrin Ibarra Wong, Geschäftsstellenleiterin des Welterberegion WartburgHainich. Sehenswürdigkeiten wie der Baumkronenpfad würden vor allem in den Morgenstunden besucht. Besucher aus der Region blieben entweder eher zu Hause oder suchten Angebote am Wasser auf. Besonders Einrichtungen ohne Klimaanlage spürten die Auswirkungen sehr deutlich: So seien wegen der Hitze 3000 Besucher weniger als im Vorjahr in die Kindererlebniswelt Rumpelburg in Bad Langensalza gekommen.
Auch am Baumkronenpfad sind die Gästezahlen im Sommer leicht gesunken – von 47 000 im ersten Halbjahr 2017 auf aktuell 40 000, sagt Nationalparkleiter Manfred Großmann. „Für eine Gesamtbilanz ist es aber noch zu früh.“Ohnehin mache der Herbst das Hauptgeschäft im Hainich aus. Grundsätzlich sei in der Welterberegion Hainich kein deutlicher Einbruch bei den Tourismuszahlen zu beobachten, hieß es.
In Erfurt sind die Teilnehmerzahlen bei den regulären Führungen seit Anfang 2018 zwar um rund 4000 Gäste gestiegen, wie Carmen Hildebrandt, Geschäftsführerin des Erfurter Stadtmarketings, sagte. Allerdings seien hitzebedingt auch zwei Stadtführungen ausgefallen – weil zur Mittagszeit kein einziger Gast zur Führung gekommen war. Grund zur Sorge gebe es deshalb aber nicht. Die Besucher nutzten vermehrt die Rundfahrten durch die Stadt.
Weimar meldet für den Juli einen leichten Teilnehmerrückgang bei Stadtführungen. Zudem habe es immer mehr Rückfragen gegeben, welche Routen vor allem im Schatten verliefen, heißt es von der städtischen Tourismusgesellschaft Weimar GmbH. Im gleichen Zeitraum sind die Besucherzahlen in den Museen der Klassik Stiftung leicht angestiegen. Ganz anders die Lage in Mühlhausen: Dort habe sich die Zahl der Stadtführungen von Mai bis Juli um 35 Prozent erhöht, sagte eine Sprecherin der Tourist-Information.
Auch bei den Übernachtungszahlen sei die Tendenz sehr positiv. Bei der jüngsten Erhebung des Landesamts für Statistik lagen die Übernachtungszahlen bis Mai drei Prozent über dem Vorjahreszeitraum. In Hotels, Pensionen mit mehr als zehn Betten und Campingplätzen wurden mehr als 1,4 Millionen Gäste und 3,6 Millionen Übernachtungen registriert. „Wir sind optimistisch, dass sich dieser Trend fortsetzt“, sagte Kerstin Neumann von der Thüringer Tourismus GmbH. Vor allem die Höhenlagen des Thüringer Waldes könnten vom Wetter profitieren, weil es dort kühler sei als in den niedriger gelegenen Gebieten. Den Trend bestätigt das Ahorn-Berghotel Friedrichroda: „Im Juli und August haben wir wie im Vorjahr eine Auslastung von 95 Prozent“, erklärte eine Sprecherin. Ausschlaggebend sei aber auch das umfangreiche Angebot – vom Ziegenfüttern bis zu mehreren hauseigenen Schwimmbädern. Kleinere Anbieter, die das nicht bieten könnten, hätten es deutlich schwerer. Diese Einschätzung teilt das Wirtschaftsministerium: Um den Tourismus in Thüringen nachhaltig zu stärken, seien deutliche Anstrengungen und Investitionen nötig. Die Tourismusstrategie von Landesregierung und Touristikern soll vor allem Qualität und Service und die Angebotsentwicklung voranbringen. (dpa)