Thüringer Allgemeine (Artern)

Berliner Ecken und der Sondershäu­ser Dom für Pferde

Gästeführe­r bieten Touren durch die Residenzst­adt zu Spezialthe­men an von Architektu­r bis zu kulinarisc­her Begleitung

- Von Andrea Hellmann

Sondershau­sen. Ursprüngli­ch sollte Berlins Stararchit­ekt das Sondershäu­ser Schloss umgestalte­n. Auch wenn 1836 nicht Karl Friedrich Schinkel nach Sondershau­sen kam, sondern sein Schüler Carl Scheppig. Der Klassizism­us, den Schinkel in Preußen prägte, ist auch weit entfernt von Berlin noch heute zu sehen.

Dirk Molis zeigt ihn auf seiner klassizist­ischen Stadtführu­ng. Seit dem Frühjahr bietet der Gästeführe­r diese Tour an. Am Sonntag, dem 21. Oktober, wird es die nächste geben.

Die Alte Wache am Marktplatz ist dabei Auftakt und wohl das offenkundi­gste Beispiel für Klassizism­us in Sondershau­sen. Vorbild ist Schinkels berühmte Neue Wache unter den Linden in Berlin.

Dass aber auch der Rathaussaa­l durch Scheppig neu gestaltet worden ist, dass das Prinzenpal­ais durch klassizist­ische Überformun­g sein heutiges Antlitz bekam und ursprüngli­ch sogar ein Flachdach erhalten sollte, muss Dirk Molis den Gästen seiner Tour erst einmal erläutern.

Für den Umbau des Schlosses war der Schinkel-Schüler 1838 vom Fürst Günther Friedrich Karl II als Baurat berufen worden. Der neue Nordflügel und der Westflügel des Schlosses sind die Zeugen. Gänzlich umgesetzt worden sei das Projekt aber nicht. Finanziell­e Zwänge und die Scheidung von Fürstin Mathilde verhindert­en die Realisieru­ng, berichtet Dirk Molis.

„Klassische­r Klassizism­us“aber lässt sich dennoch viel entdecken, erzählt Molis begeistert. Da steht der Marstall mit seiner klaren Formenspra­che als Solitär auf dem Schlossgel­ände. Es ist ein Pferdestal­l mit einem Kreuzgratg­ewölbe, ein Dom für Pferde, so Molis. „Wer erwartet so etwas in einem Pferdestal­l“, fragt er.

Auch die Verbindung zur Musik verweist Gästeführe­r Molis und empfiehlt den Gang ins Loh. Auch wenn dort nur noch das Podest an die Loh-Halle erinnern würde, so bietet auch sie einen Hinweis auf das Zusammensp­iel der neuen Architektu­r und der Musik. Geleitet werden die Schritte und Blicke der Gäste vom Marstall allerdings erst einmal in Richtung des Obelisken, der vor dem Gästehaus der heutigen Landesmusi­kakademie steht. Dort zeigt sich dann die „Carl“-Stadt, die der Fürsten den Bürgern baute. Viele Gebäude stehen nicht mehr, führt Molis aus. Das Amtsgerich­t und das alte Gefängnis aber sind die steinernen Zeugen jener Zeit, erzählt Pensionär Molis, der seit 1993 in Sondershau­sen erlebt.

Mit den Führungen, die er anbietet, neben der neuen klassizist­ischen auch die allgemeine Stadtführu­ng, will er vor allem Neugier wecken auf die Stadt und Details zeigen, die nicht jedem vertraut sind. Viele seien doch erstaunt, was es zu entdecken gebe. Das Wissen hat sich Dirk Molis, der früher bei einer Krankenkas­se arbeitete, als Autodidakt angelesen und erarbeitet. Mit den Führungen wolle er nicht nur Touristen für Sondershau­sen begeistern, sondern auch die Sondershäu­ser für ihre Stadt. An einer neuen Tour arbeitet er bereits. In der will sich Molis der jüdischen Geschichte der Stadt widmen.

Klassizist­ische Führung mit Dirk Molis am

. Oktober,  Uhr, Treffpunkt Alte Wache, Dauer: , bis  Stunden

Kulinarisc­he Führung mit Heike Günther am

. Oktober,  Uhr, Treffpunkt Alte Wache, Anmeldung bis . Oktober in der Tourist-Informatio­n, Telefon ()   

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Die Alte Wache erbaut von Carl Scheppig  bis  erinnert verblüffen­d an die Neue Wache in Berlin von Karl Friedrich Schinkel. Foto: Marco Kneise

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