Herbst-influenza gefährdet Kinder
Jenaer Experte rät zu Immunisierung. Erwachsene weniger betroffen
Jena. Zwei Jahre nach dem Start der Neustadt-studie zur Corona-pandemie haben Jenaer Wissenschaftler im Rahmen der Tests jetzt auch neue Erkenntnisse zur befürchteten Influenza-welle ab dem kommenden Herbst gewonnen. Anlass für die Nachforschungen seien Masseninfektionen mit dem Rs-virus bei Kleinstkindern gewesen, die im vergangenen Jahr zum Ansturm auf Kinderarztpraxen geführt hatten, sagte der Jenaer Infektiologe Mathias Pletz. Vor allem Neugeborene ohne Kontakt zu Viren hätten seinerzeit Infektionen nachgeholt. In der Neustadt-studie wurde deshalb auch untersucht, ob sich daraus
Rückschlüsse für die kommende Grippesaison ziehen lassen.
Es habe sich gezeigt, dass während der Pandemie Influenza-antikörper bei Erwachsenen weniger abnahmen als befürchtet. Ihre Abwehrkräfte seien damit besser als angenommen. „Dagegen steht bei kleinen Kindern zu befürchten, dass sich der bei RSV beobachtete Nachholeffekt im kommenden Herbst mit Influenza wiederholt“, mahnte Pletz. Er rate dazu, Kinder in Absprache mit den Kinderärzten rechtzeitig immunisieren zu lassen. „Dafür eignet sich eine Impfung per Nasenspray, ohne Spritze. In Sachsen gibt es dafür eine Empfehlung, in anderen Bundesländern leider nicht“, sagte der Mediziner.
Im Frühjahr 2020 war Neustadt am Rennsteig wegen vieler Infektionen für zwei Wochen gesperrt. In drei Testwellen untersuchten Wissenschaftler danach vor Ort Zusammenhänge zwischen Infektionen, Antikörpern und anderen Abwehrzellen. Hunderte Einwohner beteiligten sich. Mehr als ein halbes Dutzend wissenschaftlicher Veröffentlichungen fand weltweit Beachtung, weitere Publikationen sollen in den nächsten Tagen folgen. „Wie sich zeigte, reagiert unser Immunsystem unerwartet komplex auf krankmachende Eindringlinge, Antikörper sind dabei nicht alles. Die Dunkelziffer bei den Infektionen liegt zwischen zwei und vier Prozent“, so Pletz. Leitartikel