Scheitert Putin an den Tunneln von Odessa?
Russland feuert Raketen auf die Metropole. Doch das riesige Katakombensystem schützt die Bewohner
Berlin/odessa. Haben sie jetzt Odessa endgültig im Visier? Seit Tagen reißen die Attacken auf die ukrainische Hafenstadt nicht ab, zuletzt in der Nacht zum Dienstag. Es sind Raketenangriffe – Nadelstiche, die Angst auslösen. Zu mehr scheinen die Russen nicht fähig. Nach Ansicht westlicher Militärexperten ist Odessa für die Truppen von Wladimir Putin eine Nummer zu groß.
Dabei ist die Hafenstadt im Süden strategisch wichtig. Fiele die Stadt den Russen in die Hände, wäre die Ukraine vom Schwarzen Meer und somit vom Welthandel abgeschnitten. Der Süden des Landes wäre leichter zu erobern und ein Landzugang nach Transnistrien und Moldau machbar.
„Odessa ist eigentlich mit Landtruppen nicht einnehmbar“, sagte Professor Burkhard Meißner, Oberst der Reserve und Vorstand vom German Institute for Defence and Strategic Studies (GIDS) an der Helmut-schmidt-universität in Hamburg, unserer Redaktion. Russland habe nicht das Zeug dazu, twittert John Spencer, der führende Usexperte für urbane Kriegsführung.
Das Tunnelsystem ist ein Vorteil für die Verteidiger
Die Stadt am Schwarzen Meer ist riesig, sie hat über eine Million Einwohner. Das sind doppelt so viele Menschen wie in Mariupol, das die russischen Truppen nach zweieinhalb Monaten Krieg immer noch nicht vollständig erobert haben. Odessas Vorteil ist, dass es „kaum eine Stadt gibt, die so sehr verbunkert ist“, so Gids-experte Meißner.
Die Katakomben von Odessa sind legendär. Sie umfassen ein etwa 2500 Kilometer langes, bis weit in die Außenbezirke reichendes Tunnelsystem. Sie befinden sich auf drei Ebenen und erreichen eine Tiefe von 60 Metern mit über 1000 Zugängen, zudem Keller, teils Atomschutzbunker, Entwässerungs- und Regenwasserkanäle. Dem Vernehmen
nach haben die ukrainischen Streitkräfte in der Erwartung eines Partisanenkriegs hier Lebensmittel, Waffen und Munition gebunkert. Sie wissen, was sie tun. Im Zweiten Weltkrieg haben deutsche und rumänische Truppen zwar die Stadt im Oktober 1941 erobert. Aber im Untergrund leisteten die Partisanen Widerstand, bis ihre Stadt wieder befreit wurde. Drei Jahre lang.
So versteht man, warum Experten der ukrainischen Armee unter Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj