Anlieger haben kein Vetorecht
Was bei Straßenausbaugebühren zu beachten ist. Experten antworten auf Leserfragen
Erfurt. Was darf die Straße vor dem Haus kosten. Experten antworten beim Teleforum auf Leserfragen:
Unsere Straße ist im Jahr 2018 fertig ausgebaut worden und wir haben noch immer keinen Beitragsbescheid. Kann der noch kommen? Um die Frage zu beantworten, müsste man wissen, wann die letzte Unternehmerrechnung für den Straßenausbau bei der Gemeinde eingetroffen ist. Erst dann gilt die Baumaßnahme nach den Regelungen in Thüringen als abgeschlossen. Ist das bis Ende 2018 erfolgt, müssen sie im Zuge der vierjährigen Verjährungsfrist bis Ende 2022 noch damit rechnen, einen Beitragsbescheid zu bekommen. Wenn Sie Gewissheit haben wollen, sollten Sie bei der Gemeinde nachfragen.
Wir sind im vergangenen Jahr in ein neues Wohngebiet gezogen. Die Zuwegung mit allem Drumherum ist jetzt fertig geworden. Dafür sollen wir nun 90 Prozent der Kosten tragen. Ist das richtig?
In Ihrem Fall handelt es sich um einen klassischen Fall von Erschließungsbeiträgen, die nicht abgeschafft wurden und auf der Grundlage des Bundesbaugesetzbuches erhoben werden. Ein Grundstück wird erstmals verkehrstechnisch erschlossen – erhält also eine Straßenanbindung. Mindestens 10 Prozent der Kosten dafür muss die Gemeinde tragen. Die verbleibende Summe wird nach einem Schlüssel auf die Eigentümer der erschlossenen Grundstücke aufgeteilt.
Bei uns im Wohngebiet soll die Straße neu ausgebaut werden. Das haben wir aber zu Ddr-zeiten alle gemeinsam schon gemacht, allerdings nur mit Recyclingmaterial. Müssen wir jetzt befürchten, dass wir als Anwohner für den geplanten Straßenbau zahlen müssen? Wird eine Straße umgebaut, verbessert, erweitert oder erneuert, handelt es sich um einen Straßenausbau, für den in Thüringen keine Anliegerbeiträge mehr fällig werden. Einzig für eine Erschließungsmaßnahme, das heißt die erstmalige
Herstellung einer Straße, können Sie noch zur Kasse gebeten werden. Als erstmalig hergestellt gilt eine Straße aus DDR-ZEIT, wenn diese damals nach einem technischen Ausbauprogramm ortsüblich angelegt wurde. In aktuellen Gerichtsurteilen werden meist jedoch sehr stur drei Merkmale für eine bereits hergestellte Straße aufgeführt: eine befestigte Fahrbahn, eine Straßenentwässerung und eine Beleuchtung. Allein die Tatsache, dass ihre Straße bereits mit Recyclingmaterial befestigt wurde, wäre demnach nicht ausreichend, um Erschließungsbeiträge zu verhindern. Versuchen Sie deshalb, an alte Bauunterlagen, Fotos oder Beschlüsse der Gemeinde zu kommen, die mehr über die damalige technische Herstellung der Straße aussagen.
Die Gemeinde will aus unserem Feldweg vor dem Haus jetzt eine richtige Asphaltstraße machen und dafür von uns Erschließungsbeiträge
kassieren. Haben wir ein Mitspracherecht?
Die Bürger sind zwar zu beteiligen, ein Vetorecht haben die Anlieger in der Regel jedoch nicht. Es reicht also, wenn die gewählten Gemeindevertreter einen entsprechenden Beschluss fassen. Es gibt aber in einigen Gemeinden schon sehr bürgerfreundliche Lösungen. Dort wurde per Satzung festgelegt, dass ein Straßenbau in der geplanten Form nur durchgeführt wird, wenn die Mehrheit der Grundstückseigentümer dem zustimmt. Zudem muss die Straße grundsätzlich unter strenger Beachtung wirtschaftlicher Kriterien und insbesondere der Anwohner-bedürfnisse gebaut werden.
Für welche Anlagen können neben der Fahrbahn Straßenerschließungsbeiträge erhoben werden? Das können auch Geh- und Radwege, Parktaschen sowie Grünstreifen, Straßenbeleuchtung und Straßenentwässerungsanlagen sein.
Wir wollen in einem Neubaugebiet ein Haus kaufen. In Vorgesprächen sagte man uns, dass für uns keine Straßenerschließungskosten mehr anfallen. Können wir der Aussage vertrauen?
Es kann sein, dass keine Erschließungsbeiträge für Anwohner anfallen, wenn die Kosten zum Beispiel im Rahmen eines Erschließungsvertrages von Investoren getragen werden. Dazu erkundigt man sich bei der Gemeinde. Allerdings sind erschlossene Grundstücke in der Regel entsprechend teurer.
Warum müssen wir einen höheren Erschließungsbeitrag als unsere Nachbarn zahlen?
Maßstäbe für die Aufteilung des gesamten Anwohneranteils sind Art und Maß der baulichen Nutzung sowie die Grundstücksflächen oder die Grundstücksbreite an der Erschließungsanlage. Genau geregelt wird das in den Satzungen der Städte und Gemeinden. red