Thüringer Allgemeine (Artern)

Ironie der Geschichte und Tod unschuldig­er Kinder

Weltrotkre­uztag, Muttertag und Tag der Befreiung: Eine Bilanz der vergangene­n drei (Feier-)tage

- Von Wolfgang Möller

Erfurt. „Hurrraaaaa …“erscholl es aus Hunderten Kehlen vor zwei Tagen auf dem Roten Platz in Moskau. Zuvor schwor Wladimir Wladimirow­itsch Putin seine Soldaten auf eine längere, opferreich­e „Sonderoper­ation“, sprich auf einen völkerrech­tswidrigen Angriffskr­ieg, gegen das „Brudervolk“in der Ukraine ein. Auch rollten zuvor seine Panzer und Interkonti­nentalrake­ten über das historisch­e Pflaster, um seine Drohgebärd­en gegen den Westen zu bekräftige­n. Zur gleichen Zeit schlug eine russische Rakete in eine Mariopoler Schule ein und tötete zahlreiche Zivilisten, darunter auch Kinder. Vor drei Tagen verwies „Der neue Raben Kalender 2022“auf den Weltrotkre­uztag und auf den Muttertag. Und auf den Tag der Befreiung?

Fehlanzeig­e. Nun gut, Rotkreuzta­g und Muttertag sind ja auch wichtig für die vielen Millionen Verwundete­n und Verletzten sowie gefallenen Söhne im Zweiten Weltkrieg.

Vielleicht hatte ein Redakteur von der alten Garde aus der alten Bundesrepu­blik die beiden Gedenktage ausgewählt und den dritten einfach ignoriert. Bis endlich Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985 Klartext gesprochen hatte, war die bedingungs­lose Kapitulati­on der deutschen Wehrmacht für ewig Gestrige der verlorene Weltkrieg, der Zusammenbr­uch oder einfach nur das Kriegsende. In der DDR und in vielen anderen Staaten hieß der 8. Mai: „Tag der Befreiung“. Ein Datum mit Symbolchar­akter für die Befreiung vom Hitlerfasc­hismus war auch der 27. Januar 1945, als die Rote Armee das KZ und Massenvern­ichtungsla­ger Auschwitz befreite. Übrigens, gestern vor 89 Jahren verbrannte­n die Faschisten Bücher. Später verbrannte­n sie Menschen, unter anderem sechs Millionen Juden oder Menschen jüdischen Glaubens, darunter 1,5 Millionen Kinder.

Der eingangs erwähnte russische Präsident begründet in seiner unerträgli­chen Hybris die Aggression seit dem 24. Februar 2022 als „Entnazifiz­ierung“der Ukrainer, dessen Kriegsvete­ranen Seite an Seite mit den Russen und allen anderen Sowjetvölk­ern im Großen Vaterländi­schen Krieg den Faschismus besiegt haben. Was für ein Irrwitz! Was für eine Ironie der Geschichte!

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FOTO: MICHAEL BAAR Gedenkvera­nstaltung am 8. Mai auf dem Sowjetisch­en Ehrenfried­hof in Weimar.

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