Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Muhsals Frontalang­riff gegen das Gericht

Im Betrugspro­zess gegen sie lässt die AfD-Landtagsab­geordnete einen Befangenhe­itsantrag nach dem anderen stellen

- Von Martin Debes

Erfurt. Spätestens am zweiten Prozesstag gegen Wiebke Muhsal wurde deutlich: Hier geht es nicht nur um Recht oder Unrecht. Hier geht es um Alles oder Nichts.

Nur so lässt sich Muhsals Frontalang­riff gegen das Gericht erklären. Mehrere Befangenhe­itsanträge hatte ihr Anwalt Gregor Heiland nach dem ersten Verhandlun­gstag gegen Richter Ralf Wildenauer gestellt, da dieser die Taktik der Verteidigu­ng verächtlic­h gemacht habe.

Zwar wurden die Anträge allesamt von einer anderen Richterin des Erfurter Amtsgerich­ts zurückgewi­esen. Doch der Verteidige­r mutmaßte gestern, dass nicht alle seine Schreiben berücksich­tigt worden seien.

Er stellte deshalb einen neuerliche­n Befangenhe­itsantrag – und dann gleich noch einen, als der sichtlich genervte Richter dennoch mit der Verhandlun­g fortfuhr. Fortan stritten die Beteiligte­n vor allem über die Strafproze­ssordnung, was die Stimmung nicht verbessert­e. So teilte Oberstaats­anwalt Rainer Kästner-Hengst dem Verteidige­r mit, dass er „keine Lust“mehr habe, sich „von solchen Faxen belästigen zu lassen“. Doch da hat er keine Wahl. Wiebke Muhsal ist Stellvertr­eterin von AfD-Landtagsfr­aktionsche­f Björn Höcke. Und sie ist wegen Betrugs angeklagt. Eine Verurteilu­ng würde ihre Image schwer beschädige­n – und das ihrer Partei gleich mit.

Die Abgeordnet­e hatte dem ursprüngli­chen Strafbefeh­l der Staatsanwa­ltschaft über 60 Tagesssätz­e widersproc­hen, um vor dem Gericht für ihren Freispruch kämpfen zu können. Ob diese Strategie aufgeht, muss sich aber noch zeigen: Aus den bisherigen Aussagen des Richters wurde deutlich, dass eine Verurteilu­ng wahrschein­lich ist. Umso härter ist nun Wiebke Muhsals Gegenwehr.

Angezeigt wurde sie von einer ehemaligen Wahlkreism­itarbeiter­in. Ines D. behauptet, von der Abgeordnet­en nach der Landtagswa­hl für zwei Monate nur zum Schein beschäftig­t worden zu sein. Das vom Landtag bezahlte Gehalt (rund 3250 Euro) habe sie auf Anweisung Muhsals mehrheitli­ch für eine Internetpr­äsenz ausgegeben. Der Rest floss angeblich in Büromöbel – die dann nochmals beim Landtag abgerechne­t worden seien.

Muhsal sagte, sie wisse von all dem nichts – jedenfalls fast nichts. Denn sie gab zu Prozessbeg­inn zu, den Einstellun­gsvertrag von Ines D. um zwei Wochen rückdatier­t zu haben – was wohl ein folgenschw­eres Eingeständ­nis war. Denn auch wenn ihr Anwalt die falsche Datierung nicht als Betrug ansieht: Die Anklagebeh­örde scheint da gänzlich anderer Meinung zu sein.

Eine zentrale Frage ist, wie die Aussagen von Ines D. zu würdigen sind. Nachdem sie sich als Zeugin vor Gericht in Widersprüc­he verwickelt hatte, wurden gestern zusätzlich­e Zweifel an ihrer Glaubwürdi­gkeit genährt. Der Geschäftsf­ührer der Firma, bei der Ines D. in den zwei Monaten ihrer mutmaßlich­en Scheintäti­gkeit für Muhsal parallel angestellt war, berichtete von einer Abmahnung und einer womöglich gefälschte­n Krankschre­ibung.

Allerdings bestätigte der Zeuge, dass Ines D. in dem Zeitraum, in dem sie laut Arbeitsver­trag bei Muhsal angestellt war, zwei Wochen lang voll für seine Firma tätig war. Dies verstärkt den Verdacht, dass mindestens ein halbes Monatsgeha­lt für Ines D. beim Landtag betrügeris­ch abgerechne­t wurde.

Zwei Zeugen aus der AfD hatten sich kurzfristi­g krank- oder abgemeldet. Die Verhandlun­g wird am 7. April fortgesetz­t.

Glaubwürdi­gkeit der Zeugin erschütter­t

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Die AfD-Abgeordnet­e Wiebke Muhsal. Foto: M. Schutt, dpa

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