Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Vom Luftwaffenhelfer zum Sparkassen-Lehrling
Hans Vogt, der ehemalige Sparkassenchef, schreibt über seine berufliche Entwicklung in Mühlhausen
Über die schrecklichen Monate in der Batteriestellung, mit den zahlreichen Angriffen der alliierten Flugzeuge, bei oftmals nächtlichem Schießen und ständiger täglicher Arbeiten am Geschütz und in der Batterie sowie über das Lagerleben brauche ich sicher nichts zu berichten, außer dass wir morgens noch Schulunterricht hatten und unser Klassenlehrer uns ständig zur Verfügung stand. Trotzdem konnten wir unter diesen Verhältnissen unsere Reifeprüfung ablegen und bekamen ab und zu mal Wochenend-Sonderurlaub.
Anfang Januar 1945 wurden wir vom sogenannten Luftwaffendienst entlassen und da man uns auch in dieser Zeit nicht entbehren wollte, sollten wir kurz darauf zum Reichsarbeitsdienst eingezogen werden. Ich erhielt ebenfalls einen Stellungsbefehl und zwar mit falscher Adresse und schrieb auf das Kuvert: „ … Anschrift stimmt nicht“und steckte den Briefumschlag unverfroren (es ging seinerzeit sowieso schon alles drunter und drüber) in den nächsten Briefkasten. So war ich mit noch zwei Schulkameraden in der Heimat geblieben.
Da das öffentliche Leben nach dem Krieg völlig darniederlag, drängte mich meine Mutter, ich sollte mich um eine Lehrstelle bemühen. Nach einigen Fehlschlägen erhielt ich einen Tipp, ich sollte mich zur amerikanischen Kommandantur begeben, denn die Amerikaner waren am 12. April 1945 in Mühlhausen einmarschiert und bestimmten die damalige Verwaltung.
Als ich mich dort meldete, gab man mir einen doppelseitigen A4-Bogen zum Ausfüllen. Dann schickte man mich kurzerhand zur Stadtverwaltung und da sie dort keinen Lehrling benötigten, schickte mich der damalige stellvertretende Bürgermeister Karl John zur Sparkasse.
Vom Soldaten zum Sparkassen-Lehrling
Dort habe ich mich als Lehrling beworben, erhielt später einen Lehrvertrag von zweieinhalb Jahren und fing bereits am 9. Juli 1945 als Lehrling an.
Ich konnte die Lehrzeit verkürzen und bereits nach einem Jahr und neun Monaten meinen Lehrabschluss in der gegenüber liegenden Berufsschule als Bankkaufmann abschließen.
Eigentlich wollte ich Förster werden aber die dort vorgesehenen „Böcke“hätte ich auch in der Sparkasse schießen können!?
Zu bemerken ist, dass die USTruppen am 1. Juli 1945 Thüringen verlassen haben und am 4. Juli 1945 die russische Besatzungsmacht das Zepter übernahm. In diesen Tagen wurden unsere Tresor- und Schließfachbestände überprüft.
Ich musste als Lehrling die Schließfach-Inhaber benachrichtigen und wer nicht erschien, dessen Schließfach wurde durch eine angeforderte Firma aufgebrochen. Ich musste als Einziger kleiner Lehrling im Tresorraum dabei sein und musste die aufgerissenen Verpackungen entsorgen. Die erbeuteten Werte wurden in Kisten und Kästen verpackt und später durch die Sowjets mit einem PKW F7 abtransportiert.
Die damalige Stadtsparkasse, die noch mit der Reichsmark arbeitete, bestand aus einem Direktor, einem Hausmeister und 30 Mitarbeiterinnen. Der damalige Direktor wurde später abgewiesen und dessen Vertreter, Oberinspektor Maier, wegen Nazi-Vergangenheit, entlassen. Mitte Juli 1945 wurde unter Leitung der Stadtverwaltung eine neue Geschäftsleitung gebildet. Der erste Direktor nach dem Krieg hieß Masurat, der aber bald wieder gehen musste.
Zwischen Juli und August 1945 wurden alle Konten der NS-Parteimitglieder und Konten der sogenannten Kriegsindustrie sowie deren Mitarbeiter überprüft. Am 3. August 1945 war allgemeiner Bankenschließtag und auch der Beginn einer neuen Sparkasse. Ab 1. Juli 1947 wurde ein neuer Direktor, Oskar Püchel, eingesetzt. Am 13. September 1947 wurde erstmals ein Betriebsfest in der Kassenhalle durchgeführt.
Da ja bereits am 20. Juni 1948 in den Westzonen die D-Mark eingeführt und dies ohne Absprache mit der Sowjetischen Militäradministration (SMA) durchgeführt wurde, verfügt die SMA am 21. Juni 1948 einen Einzahlungsstopp an allen Banken der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone. Auf die vorhandenen Reichs- und Rentenmark wurden vom 24. bis 28. Juni 1948 Coupons geklebt.
Danach erfolgte der eigentliche Umtausch der Banknoten der Deutschen Notenbank und die eigentliche Umstellung der Konten. Auch Helfer aus der gesamten Stadtverwaltung wurden dafür kurzfristig eingesetzt.
Ab 1. Juli 1949 bis 31. Mai 1950 wurden alle gesperrten Einlagen zur sogenannten UraltUmwertung mit einem Wert von 10 zu Eins umgestellt und darüber konnte erst ab 1959 verfügt werden.
Ein weiterer Höhepunkt war am 1. Oktober 1950 die Fusion der Stadt- und Kreissparkasse Mühlhausen zu einer Einheit. Auf Beschluss der Stadt- und Kreisverwaltung wurden die Objekte Stadtsparkasse am Entenbühl und Kreissparkasse am Lindenbühl vereinigt.
Mit dieser Fusion wurden leider auch alle Privatbanken einbezogen und aufgelöst. Neue Belege und Schecks sowie neue Bilanzen mussten erstellt werden. Ich war damals Leiter der Belegabteilung und hatte die „Hauptlast“zu tragen, was nicht immer einfach war, da die genannten Banken unterschiedliche Buchungssysteme hatten und nun auf einen Nenner gebracht werden mussten.
Uralt-Umwertung der Mark mit 10 zu 1