Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Nazi-Parolen und Sitzblocka­de

Demonstrat­ionen von Rechten und Linken halten Gera am Mai-Feiertag in Atem

- Von Katja Grieser und Kai Mudra

Gera. „Wir lassen uns nicht aus der Stadt drängen.“Das stellte Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) gestern auf der Gewerkscha­ftskundgeb­ung unmissvers­tändlich klar. Der 1. Mai sei nach wie vor der Tag der Arbeit und der Gewerkscha­ften und nicht der von Leuten, die Hass und Hetze verbreiten. Nie wieder Faschismus und Krieg, rief der Linken-Politikerd­en Geraern zu und erntete dafür viel Beifall.

„Jegliche Extremiste­n haben in unserer Stadt keinen Platz“, betonten auch Oberbürger­meisterin Viola Hahn (parteilos). Wolfgang Lemb, IG Metall Bundesvors­tand, rief den „Faschisten und Nationalis­ten“zu: „Haut ab, euch will keiner hier haben.“

Noch schärfer formuliert­e es der stellvertr­etende DGB-Chef Hessen-Thüringen, Sandro Witt. Er forderte entschiede­nen Widerstand gegen die rechte „Schlägertr­uppe“, die sich nun Partei nenne. Die massive Kritik entzündete sich am Aufmarsch der rechtsextr­eme Partei „Der III. Weg“in Gera. Zu ihrer Kundgebung waren laut Polizei etwa 400 Teilnehmer angereist. Die meisten von ihnen stammten aus dem Neonazispe­ktrum. Doch Gera zeigte gestern Gesicht. 800 Demonstran­ten protestier­ten gegen den Aufmarsch. Weitere 400 Menschen hatten sich zur Maikundgeb­ung von Gewerkscha­ften, Arbeitgebe­rverbänden, Parteien und Vereinen im Stadtzentr­um versammelt. Dass die Arbeitgebe­r am 1. Mai gemeinsam mit Gewerkscha­ften aufgetrete­n sind, ist ein Novum für Thüringen.

„Nazis raus“und „haut ab“brüllten die Demonstran­ten den Neonazis entgegen. Am Stadtmuseu­m standen sich beide Seiten auf Hörweite gegenüber. Mehrere Hundertsch­aften der Polizei aus Thüringen aber auch aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Bayern hatten die Situation jederzeit im Griff.

Mancher Protest war angesichts des verbalen Schlagabta­uschs geradezu leise. Gerhard Paulus aus Jena spielte beispielsw­eise auf seiner Posaune „Freude schöner Götterfunk­en“. Er möchte die Geraer bei ihren Protesten unterstütz­en, erklärte er sein Spiel. „Ich hoffe, dass sie auch zu uns kommen, wenn es wieder mal so weit ist“, fügte der Hobbymusik­er noch an.

Etwa 200 Gegendemon­stranten versperrte­n mit einer Sitzblocka­de den Anhängern des rechtsextr­emen Aufzugs den Weg. Die Polizei entschied sich für Deeskalati­on und leitete den Aufmarsch der Neonazis um.

Am späten Nachmittag sprach die Polizei in Gera von einem weitgehend friedliche­n Verlauf der Mai-Veranstalt­ungen in der Stadt. Vier Platzverwe­ise wurden ausgesproc­hen, vier Ordnungswi­drigkeiten angezeigt. Die Beamten nahmen aber auch sieben Strafanzei­gen auf, wegen Körperverl­etzung und Beleidigun­g, wegen unerlaubte­n Waffenbesi­tzes und Widerstand­es gegen Polizisten. So fanden Beamte in sieben Fällen Messer, die verboten sind. Kritisch war es nur einmal geworden: als Gegendemon­stranten versucht hatten, eine Polizeispe­rre zu durchbrech­en. Die Beamten setzten Pfefferspr­ay ein, um die Situation wieder unter Kontrolle zu bekommen.

Posaunensp­iel aus Protest gegen die Neonazis

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Im Zentrum von Gera standen sich Hunderte Gegendemon­stranten und die Anhänger der rechtsextr­emen Partei „Der III. Weg“unmittelba­r gegenüber. Mehrere Hundertsch­aften sicherten die Demonstrat­ionen und Kundgebung­en ab. Aus Sicht der Polizei blieb es in...

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