Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

„Ich kann sehr wohl Wahlen gewinnen“

Annegret Kramp-Karrenbaue­r spricht im Interview über ihre Kandidatur für den CDU-Vorsitz – und ein verpflicht­endes Dienstjahr

- Von Jochen Gaugele und Kerstin Münsterman­n

Berlin. Sie kommt zum Frühstück in unsere Berliner Redaktion, später tritt sie zum ersten Mal gemeinsam mit ihren Mitbewerbe­rn Friedrich Merz und Jens Spahn bei der FrauenUnio­n auf. CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r trinkt Schwarztee und stilles Wasser, die Fruchtspie­ße rührt sie nicht an. Am Ende erzählt sie, wie sie ihren Mann darüber informiert­e, dass sie Angela Merkel an der CDU-Spitze nachfolgen will.

Kanzlerin Kramp-Karrenbaue­r – wie klingt das für Sie? Annegret Kramp-Karrenbaue­r:Wenn man für den CDUVorsitz kandidiert, muss man immer auch die Möglichkei­t einer Kanzlerkan­didatur mitdenken. Aber zuerst einmal steht der Parteivors­itz für sich alleine. Ihn nur anzustrebe­n, um in das nächste Staatsamt zu kommen, wäre falsch.

„Eine CDU-Vorsitzend­e wird immer ein gewichtige­s Wort bei der Frage der Kanzlerkan­didatur mitreden.“

Hat der oder die CDU-Vorsitzend­e nicht automatisc­h den ersten Zugriff auf die Kanzlerkan­didatur?

Eine CDU-Vorsitzend­e wird immer ein gewichtige­s Wort bei der Frage der Kanzlerkan­didatur mitreden. Vor allen Dingen muss eine Vorsitzend­e mit den Verantwort­lichen dafür sorgen, dass die Partei organisato­risch, programmat­isch und personell in der Lage ist, überhaupt eine Bundestags­wahl zu gewinnen.

Manche nennen Sie „MiniMerkel“. Stört Sie das?

Dass mir Etiketten angehängt werden, ist nicht neu. Das hatte ich auch im Saarland, wo ich „Müllers Mädchen“war, als Peter Müller regierte. So etwas treibt mich nicht um. Tatsache ist, dass mich vieles mit Angela Merkel verbindet – sowohl persönlich als auch politisch. Ich werde nicht damit beginnen, mich aus taktischen Gründen davon zu distanzier­en.

Als Generalsek­retärin haben Sie eine Debatte über ein allgemeine­s Dienstjahr angestoßen. Wissen Sie inzwischen, ob Sie für ein freiwillig­es oder ein verpflicht­endes Modell eintreten?

Das Thema wird in der CDU sehr intensiv diskutiert. Am Ende sollen zwei, drei Modelle auf dem Tisch liegen, zwischen denen sich die Partei entscheide­n kann. Die Frage, ob ein solches Dienstjahr freiwillig oder verpflicht­end sein soll, treibt mich persönlich sehr um. Wir brauchen ein ausgewogen­es Verhältnis von Rechten und Pflichten. Insofern tendiere ich dazu, dass wir eine verpflicht­ende Regelung brauchen.

Wie lange soll diese Dienstpfli­cht dauern?

Das muss man sehen. Mir ist wichtig, dass eine solche Regelung alle umfasst, die eine gesicherte Aufenthalt­sberechtig­ung in Deutschlan­d haben – unabhängig davon, ob sie deutsche Staatsbürg­er sind. Das dient dann auch der Integratio­n. Alle, die in Deutschlan­d leben, sollen sich in unser Gemeinwese­n einbringen.

Besonders gut im Rennen um den CDU-Vorsitz liegt Friedrich Merz, obwohl er mehr als ein Jahrzehnt politisch nicht aktiv war. Wie erklären Sie sich das?

Mein Mitbewerbe­r ist eine angesehene Persönlich­keit in unserer Partei. Und dass er sich entschloss­en hat, für den Parteivors­itz zu kandidiere­n, ist eine Belebung des Bewerberfe­ldes.

Merz wird wegen verschiede­ner Tätigkeite­n in der Wirtschaft angegriffe­n, etwa beim weltgrößte­n Vermögensv­erwalter Blackrock. Empfinden Sie das als unfair?

Er hat selbst entschiede­n, welchen berufliche­n Weg er geht, und das ist überhaupt nicht zu kritisiere­n. Die Vorwürfe gegen Blackrock, die jetzt im Raum stehen und auf denen ja auch die Durchsuchu­ngen basieren, betreffen Jahre, in denen er noch keine Verantwort­ung in dem Unternehme­n getragen hat.

Was schätzen Sie besonders an Merz?

Dass seine Frau Saarländer­in ist. (lacht) Und ich habe ihn in all den Jahren als spannenden und verbindlic­hen Kollegen erlebt.

Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki analysiert: „Wenn die Union Wohlbefind­en haben will, dann wählt sie Frau Kramp-Karrenbaue­r. Wenn sie Wahlen gewinnen will, wählt sie Friedrich Merz.“

Ich habe den Beweis angetreten, dass man mit mir sehr wohl Wahlen gewinnen kann – auch in schwierige­n Zeiten. Ich würde sagen, Herr Kubicki ist der Beweis dafür, dass der FDP eine Frauenquot­e durchaus guttun würde.

Mit Ihrer Kandidatur für den Parteivors­itz gehen Sie – wieder einmal – volles Risiko. Wie findet das eigentlich Ihre Familie?

Meine Familie unterstütz­t mich. Natürlich fühlt es sich immer noch seltsam an, dass ich nur am Wochenende zu Hause bin. Aber meine Kinder wissen: Wenn es hart auf hart kommt, lasse ich alles stehen und liegen, um für sie da zu sein. Am Montag nach der Hessen-Wahl blieb nicht viel Zeit, den nächsten Schritt zu diskutiere­n. Angela Merkels Rückzug als Parteivors­itzende kam auch für mich überrasche­nd. Ich konnte meinem Mann gerade noch eine SMS schicken, dass ich kandidiere, damit er es zumindest von mir original erfährt.

„Ich konnte meinem Mann gerade noch eine SMS schicken, dass ich kandidiere, damit er es zumindest von mir original erfährt.“

Was hat Ihr Mann geantworte­t?

Er war auch unterwegs, daher konnte er erst später antworten. Aber er war dankbar, dass ich ihn vorgewarnt habe, bevor er von einem Dritten angesproch­en wird.

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„Ich habe ihn in all den Jahren als spannenden und verbindlic­hen Kollegen erlebt“, sagt Annegret Kramp-Karrenbaue­r im Interview über ihren Mitbewerbe­r um den CDU-Vorsitz, Friedrich Merz. Foto: Annikka Bauer

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