Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Kanzlerin ruft zur Wachsamkei­t auf

Pogrom-Gedenken: Zentralrat­spräsident Schuster geißelt „geistige Brandstift­er“im Bundestag

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Berlin. 80 Jahre nach der Reichspogr­omnacht hat Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) die Notwendigk­eit bekräftigt, entschloss­en gegen Antisemiti­smus und Rassismus vorzugehen. Zwar gebe es heute wieder „blühendes jüdisches Leben“in Deutschlan­d, zugleich aber werde dieses von einem „zunehmend offenen“, Besorgnis erregenden Antisemiti­smus bedroht, sagte Merkel am Freitag bei der Gedenkvera­nstaltung des Zentralrat­s der Juden in der Berliner Synagoge Rykestraße. Zuvor hatte der Bundestag des 9. Novembers als „Schicksals­tag der Deutschen“gedacht. In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 hatte es in ganz Deutschlan­d Ausschreit­ungen gegen Juden und jüdische Einrichtun­gen gegeben. Weitere geschichts­trächtige Ereignisse am 9. November waren die Ausrufung der Republik 1918 und den Fall der Mauer 1989.

Der Rechtsstaa­t dürfe keine Toleranz zeigen, wenn Menschen aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Hautfarbe angegriffe­n würden, sagte Merkel am Freitag. „Unbedingte Richtschnu­r unseres Handelns“müsse Artikel 1 des Grundgeset­zes zur Unantastba­rkeit der Würde des Menschen sein, die alle staatliche Gewalt zu schützen verpflicht­et sei. Merkel warnte, in Zeiten des Umbruchs sei die Gefahr besonders groß, dass diejenigen „mit vermeintli­ch einfachen Antworten“Zulauf bekämen – Antworten, die zu häufig mit einer „Verrohung der Sprache“einherging­en. „Das ist der Anfang, dem wir ganz entschiede­n entgegentr­eten müssen.“Das Gedenken am 9. November geschehe in dem Wissen, „dass Grenzübers­chreitunge­n und Verbrechen zuzuschaue­n in letzter Konsequenz bedeutet, mitzumache­n.“

Der Präsident des Zentralrat­s der Juden in Deutschlan­d, Josef Schuster, warnte vor einer wachsenden Zahl „geistiger Brandstift­er“, die Ängste vor Flüchtling­en schürten und gegen Asylbewerb­er und Muslime hetzten. Die AfD habe „diese Hetze perfektion­iert“. Zugleich zeigte sich Schuster ermutigt von einer „Aufbruchst­immung“, die durch die jüngsten Demonstrat­ionen spürbar werde.

Zuvor hatte Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier im Bundestag einem „neuem, aggressive­n Nationalis­mus“eine Absage erteilt. Der Nationalis­mus beschwöre eine „heile alte Welt, die es so nie gegeben hat“. Ein aufgeklärt­er Patriotism­us hingegen sei ein „beständige­r Ansporn“dafür, die Zukunft besser zu machen, sagte Steinmeier. (afp/epd)

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Gedenken in Berlin: Angela Merkel und Josef Schuster. F.: rtr

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