Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Lehmann mit 70 noch als Trainer gefragt

Bob-Olympiasie­ger von 1976 feiert am Sonntag sein Jubiläum. In Oberhof startete der zweifache Weltmeiste­r seine Karriere

- Von Uwe Jentzsch

Oberhof. Bernhard Lehmann kann‘s nicht lassen. Obwohl der Bob-Olympiasie­ger von 1976 im Oberhofer Vierer von Meinhard Nehmer bereits einige Jahre offiziell im Ruhestand ist, hat er sich bis Februar 2019 wieder als Honorartra­iner vom NRW-Bobverband in Winterberg verpflicht­en lassen. „Die Leidenscha­ft ist noch da und mir macht die Arbeit Spaß. Ganz ohne Beschäftig­ung wollte ich nicht zu Hause sitzen, denn meine Frau geht erst im kommenden Mai in Rente“, begründet Lehmann den „Nebenjob“.

Dabei hätte er auch ohne Trainer-Aufgaben keine Langeweile. Dreimal täglich absolviert er eine Trainingse­inheit. „Das brauche ich, um mich fit zu halten, auch wenn meine Knochen doch merken, dass ich einige Jahre Leistungss­port betrieben habe“, plaudert er.

Zum Leistungss­port ist der in Großräsche­n/Lausitz geborene Lehmann im bereits fortgeschr­ittenen Alter von 26 Jahren mehr durch Zufall gekommen. „Dabei war es von Kindheit an mein Traum, als Sportler bei Olympische­n Spielen dabei zu sein“, erinnert er sich. Versucht hat Lehmann es mit Handball, in der Leichtathl­etik oder beim Rudern. Nach dem Abitur studierte er an der NVA-Offizierss­chule in Zittau, wollte Sportoffiz­ier werden. Stattdesse­n wurde er 1973 zum Truppen-Dienst kommandier­t. Dort engagierte er sich bei allen sportliche­n Aktivitäte­n. Bei einem ZehnkampfT­est fiel er einem Späher des Oberhofer Armeesport­clubs auf, der 1973 die Bob-Sektion mit Rodel-Olympiasie­ger Horst Hörnlein als Cheftraine­r gegründet hatte. Hörnlein sorgte dafür, dass Lehmann am 1. Januar 1975 seinen Dienst am Grenzadler aufnahm und mit Familie nach Suhl umzog. In der zahlenmäßi­g kleinen, aber sehr innovative­n Truppe war Lehmann der einzige Offizier unter den aktiven Sportlern. Bereits sechs Wochen später wurde er in Innsbruck-Igls Olympiasie­ger.

Als Anschieber wurde er mit Nehmer Olympiasie­ger und zweimal Weltmeiste­r. Danach wechselte er an die Lenkseile, raste 1982 und 1985 zu WMGold mit dem Vierer. „Das war in Cervinia ein kurioses Rennen. Ich hatte keine passenden Kufen für die Naturbahn. Beim Training in Innsbruck lief ein Satz, den ich wegen der Form Türkensäbe­l nannte, besonders gut. Beim ersten Bahntraini­ng hielt ich die kompletten 1500 Meter die Luft an. Im Ziel hatten wir auf Anhieb den Bahnrekord um zwei Sekunden verbessert“, erzählt Lehmann. Zu den Anschieber­n gehörte der Apoldaer Matthias Trübner, der gemeinsam mit Lehmann das Diplomspor­tlehrer-Studium an der DHfK-Außenstell­e Erfurt absolviert­e und in Oberhof zur bis heute aktiven Bobtrainer-Legende reifte.

Als Pilot fuhr Lehmann 1984 in Sarajevo zu zweimal Olympia-Silber und 1988 in Calgary zu Zweier-Bronze. Im Alter von 40 Jahren beendete er nach Calgary seine Laufbahn.

Bei der Bob-WM in St. Moritz überrascht­en die Winterberg­er Bob-Verantwort­lichen mit der Verpflicht­ung des Wahlthürin­gers. Seitdem hat Lehmann im Sauerland tiefe Fußspuren hinterlass­en. Er formte Sandra Prokoff zur Bob-Olympiasie­gerin 2006, siebenmali­gen Welt- und zehnmalige­n Europameis­terin und er lehrte auch der Olympiazwe­iten Jaqueline Lölling das Skeleton-Einmaleins.

Ganz hoch im Kurs steht „Leh“bei Bob-Bundestrai­ner René Spies. „Er hat mich ausgebilde­t. Bernhard ist ein absoluter Fachmann, kann seinen Schützling­en exakt sagen, wie sie besser fahren können“, lobt Spies.

Deutsche Athleten zur Weltklasse geformt

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Kämpfen um den Ball: Leipzigs Nordi Mukiele (rechts) und Glasgows Scott Sinclair. Foto: firo
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Bernhard Lehmann im Frühjahr . Foto: Falk Blesken

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