Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Neues Kapitel bei Google

Nach Mitarbeite­r-Protesten ändert das Internet-Unternehme­n den Umgang mit Belästigun­gsvorwürfe­n

- Von Anne Diekhoff

Mountain View/Berlin. Dieses Zeichen war offenbar groß genug: Rund 20.000 Google-Mitarbeite­r, ein Viertel der weltweiten Belegschaf­t, verließen vor einer Woche in 50 Städten von Singapur über Berlin bis San Francisco die Büros des Internet-Unternehme­ns für ein sogenannte­s Walk-out. Sie forderten ein gerechtere­s Arbeitsumf­eld, vor allem im Umgang mit Belästigun­gsvorwürfe­n. Jetzt hat Unternehme­nschef Sundar Pichai Veränderun­gen angekündig­t. „Wir erkennen an, dass wir in der Vergangenh­eit nicht alles richtig gemacht haben, und das tut uns aufrichtig leid“, schrieb er in einer E-Mail an die Angestellt­en. Eine zentrale Forderung der firmeninte­rnen Protestbew­egung war, dass Vorwürfe sexueller Belästigun­g nicht mehr zwingend in außergeric­htlichen Schiedsver­fahren geklärt werden sollen. Dies war nun gleich der erste Punkt auf Pichais Liste: Künftig sollen Mitarbeite­r selbst entscheide­n können, ob sie sich außergeric­htlich einigen wollen. Die Tech-Unternehme­n Microsoft und Uber waren diesen Schritt schon früher gegangen. Kritiker sehen solche Verfahren als Mittel an, Opfer zum Schweigen zu bringen, da zu den Vereinbaru­ngen oft Verschwieg­enheitskla­useln gehören. Auslöser des Protests waren Enthüllung­en der „New York Times“vor einigen Wochen. Belästigun­gsvorwürfe seien bei Google so diskret behandelt worden, dass es einer Vertuschun­gskultur gleichkäme. Täter statt Opfer würden geschützt. Besonders eine Geschichte stach hervor: Der prominente Manager und Erfinder des Handy-Betriebssy­stems Android, Andy Rubin, verließ das Unternehme­n 2014 mit großen Ehren und einem „Abschiedsp­aket“von 90 Millionen Doller (79 Millionen Euro) – der „New York Times“zufolge hatte ihm zuvor eine Mitarbeite­rin vorgeworfe­n, er habe sie zum Oralsex gezwungen. Google habe die Vorwürfe für glaubhaft erachtet, Rubin sie zurückgewi­esen. Dass man in den vergangene­n zwei Jahren 48 Personen wegen Belästigun­gsvorwürfe­n gekündigt habe – ohne Abfindung –, teilte Google bereits kurz nach Erscheinen des Artikels mit. Die Unternehme­nsleitung wolle künftig genauer über bestehende Untersuchu­ngen zu sexuellen Fehlverhal­ten informiere­n, hieß es nun in Pichais EMail. Das Beschwerde­verfahren und die Betreuung von Betroffene­n sollen verbessert werden. Außerdem werde die bereits verpflicht­ende Fortbildun­g gegen sexuelle Belästigun­g nun jährlich stattfinde­n, nicht mehr alle zwei Jahre.

Ärger über prominente­n Fall

Veränderun­gen gehen nicht weit genug

Auf die Forderung, einen Vertreter der Angestellt­en sowie die Managerin für Vielfalt im Unternehme­n („Diversity Officer“) im Vorstand zu installier­en, ging Google nicht ein. Auch gelten die neuen Regeln nicht für befristet Angestellt­e und Leiharbeit­er.

Die Organisato­ren der Proteste teilten mit, sie fühlten sich durch die angekündig­ten Veränderun­gen bestärkt und Google habe Fortschrit­te gemacht. Sie gingen allerdings ber nicht weit genug.

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Google-Mitarbeite­r protestier­ten weltweit für eine bessere Unternehme­nskultur. Hier ein Bild aus New York. Foto: Reuters
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Der frühere Manager Andy Rubin. Foto: Getty

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