Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Im Dorfkrug gibt‘s jetzt Sonntagskuchen und Spieleabende
Sarah Schenke und Christoph Ruda haben sich für die Gastronomie entschieden und sind die neuen Pächter der Gemeindegaststätte in Ferna
Ferna.
Leer stehende Gasthäuser, Gastronomen, die händeringend Fachkräfte suchen – im Eichsfeld gibt es dafür viele Beispiele. Doch in Ferna ist es der Gemeinde jetzt gelungen, ihren „Dorfkrug“neu zu verpachten, nachdem dieser ein Jahr lang geschlossen war.
„Wir sind die Neuen“, sagen Sarah Schenke und Christoph Ruda und strahlen. Beide sind 29 Jahre – sie von Beruf gestaltungstechnische Assistentin, er gelernter Koch, der schon bei der Bundeswehr für volle Teller sorgte. Christoph kommt aus dem Nachbardorf Wintzingerode, wo seine Familie eine Gaststätte betreibt. „Der Fernaer Bürgermeister hat meine Mutter angesprochen und ihr von der Pachtmöglichkeit erzählt. Für mich war immer klar, dass ich einmal selbstständig arbeite und den elterlichen Betrieb weiterführe. Doch das Angebot war reizvoll. Wir sind jung, und allein gibt es keine generationsbedingten Diskussionen“, sagt der Mann, der als Dorfjunge groß geworden ist.
Aus einer Erfahrung der Eltern gelernt
Schnell hat sich das Paar dann entschieden. Vor über 30 Jahren stand die selbe Gaststätte schon einmal zur Verpachtung. Christophs Eltern wollten sie, kamen aber genau einen Tag zu spät, erinnert sich Bürgermeister Erich Oberkersch. Das sollte sich nicht wiederholen.
Sarah und Christoph wissen, dass ihr neuer Job eine Herausforderung ist. Durch die rosarote Brille sehen sie ihn nicht, aber sie haben konkrete Vorstellungen und Träume. „Dass es mit der Gastronomie heute nicht gut aussieht, das hat uns nicht abgeschreckt. Sich um den Gast zu kümmern, das ist unsere Aufgabe. Er soll sich wohlfühlen und mit einem guten Gefühl im Bauch gehen“, so die Wirtin.
Der Gastraum ist hell und mit dezenten Farben versehen. Bei der Deko, zu der unter anderem ein Lichterbaum gehört, haben sie selbst mit Hand angelegt. Schließlich geht es ein Stückweit auch um ihren Geschmack. „Ich finde das Ambiente gut. Schön wäre es, wenn wir ein bisschen vom Kneipenimage wegkämen und beispielsweise bei uns eine Mutter mit Kind zum Kuchenessen kommt“, sagt Christoph.
Er weiß genau, warum er das sagt. Sarah ist leidenschaftliche Kuchen- und Tortenbäckerin. Neben Mandarinen-schmandkuchen probiert sie gern auch mal etwas aus. Der Sammlerin von Backbüchern, die noch dazu Überraschungen liebt, dürfte es nicht an Ideen mangeln. Die Frage ist, ob auch die Gäste ab und an auf eine süße Verführung stehen.
„Wir werden es sonntags antesten“, sagt sie erwartungsvoll. Die Damen der Karnevalstanzgruppe waren die Ersten, die vor ein paar Wochen schon mal probieren durften. Nun stehen Quarktorte und Co auf der Karte der jungen Frau, die aus dem Kreis Sömmerda kommt. „Vielleicht finden ja auch Wanderer oder Radfahrer, die in der Gegend unterwegs sind, Gefallen.“
Und während sie eher die Naschkatze ist, mag es der Koch dann doch deftiger. „Ich setze auf Baguettes, und meine Leidenschaft gehört den Soßen“, sagt er und verrät damit, was zu Letzterer auf dem Teller liegen kann.
Es darf auch mal vegetarisch sein
Doch die jungen Leute blicken auch in andere Richtungen und damit zum Beispiel auf die vegetarische Küche, die heute so manchen Fan hat, der sich gern gesund und frisch ernährt. „Wir werden nicht auslernen, mit den Aufgaben wachsen“, versichert Christoph.
Dass zum Wohlfühlen nicht nur gutes Essen, sondern auch Geselligkeit gehört, steht für das Wirtspaar außer Frage. Daher liebäugelt es damit, Spieleabende im „Dorfkrug“zu etablieren. Egal ob Karten oder Monopoly – die Gäste sollen Gemeinschaft genießen können und Spaß haben. „Da kommt man ins Gespräch, kann neue Kontakte knüpfen, Freundschaften pflegen“, sagt Sarah, die weiß, dass man als Gastgeber einiges tun muss, um erst einmal einen Gästestamm aufzubauen. Umso mehr freut sich das Paar, dass es bereits Familienfeiern ausrichten durfte, dass sich in der Gaststätte Vereine ebenso trafen wie eine Damengruppe und nun das Interesse an einem Klassentreffen signalisiert wurde.
„Ob Ruhetag oder nicht, wenn es interessierte Gäste gibt, sind wir da“, erklärt Christoph spontan. Damit der Weg zum Arbeitsplatz nicht so lang ist, sind die Wirtsleute ins Dorf gezogen. Nun sind sie gespannt, ob sie das Vertrauen der Fernaer und wenn möglich nicht nur dieser gewinnen können. „Wir werden sehen, ob wir den Erwartungen gerecht werden“, sagen beide und blicken sich tief in die Augen.
Bürgermeister Erich Oberkersch ist gespannt, wie sich die Neueinsteiger schlagen und hofft für lange Zeit, Gaststättenpächter zu haben.