Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Schon vor 100 Jahren verzauberten farbige Motive die Empfänger in aller Welt
Eichsfeld.
Wenn die Menschen zu Großvaters oder Urgroßvaters Zeiten einen Ausflug in eine der vielen wunderschönen Ecken des Eichsfeldes unternahmen, wurde nach Möglichkeit auch ein Postkartengruß an die Lieben zu Hause, an Verwandte oder Bekannte geschickt. So flatterte Anfang Juni 1910 Fräulein Ida Althaus in Mühlhausen eine Karte mit der Wallfahrtskirche auf dem Hülfensberg in Haus. Gleich mehrere Damen und vermutlich auch ein Herr hatten sich auf der Rückseite der kolorierten Postkarte verewigt. Die junge Mühlhäuserin dürfte entzückt gewesen sein und ihre Bekannten vielleicht auch etwas beneidet haben um ihren Abstecher zum beliebtesten Wallfahrtsort des Eichsfeldes.
Auch wer einst zum Franziskanerkloster auf den Kerbschen Berg bei Dingelstädt kam, griff womöglich zu einer Postkarte. Ein Motiv aus der Zeit um 1910 glich einem Gemälde mit einem Hauch von südländischem Flair. Abgebildet ist der Kerbsche Berg mit dem 1864/66 erbauten Franziskanerkloster und der neoromanischen Klosterkirche von 1890 sowie Kreuzwegstationen aus Sandstein samt zweier Tuffsteingrotten, schwärmt auch Josef Keppler als gebürtiger Dingelstädter und Historiker von dem einzigartigen Motiv.
Spätestens seit der Marienvesper mit Papst Benedikt XVI. am 23. September 2011 in Etzelsbach stehen historische Postkarten von dem Wallfahrtsort unter Sammlern ganz hoch im Kurs. Dazu zählt beispielsweise eine Karte mit dem um 1840 von Hugo Weißer (Berlin) geschaffenen Gemälde mit der Wallfahrtskapelle und dem Gnadenbild. Vom rechten Bildrand her gehen zwei Bauern mit ihren Pferden auf die zwischen Bäumen liegende Kapelle zu.
Ein hübsches Postkartenmotiv mit der Ostseite der Liebfrauenkirche in Heiligenstadt wiederum hatte es zum Jahreswechsel 1906/07 dem Franziskanerpater Winfridus angetan. „Mitten im tiefsten Schnee des fernen Sachsen rufe ich Ihnen zu: Glückseliges Neujahr 1907! Bereits wirkt Ihr brauner Freund hier auf seiner 2. Mission, danach geht’s nach Geismar, Eichsfeld. Oremus pro invicem! (Lasset uns füreinander beten!)“, schrieb der Missionar. Aufgegeben hatte er seinen Neujahrsgruß nach Satzvey (Eifel) in Bernterode (Untereichsfeld). In verschiedenen Varianten kamen vor nahezu 120 Jahren Grußkarten mit einer
Landkarte des Eichsfeldes und wechselnden Sehenswürdigkeiten in den Handel. Interessant aus heutiger Sicht ist beispielsweise ein Exemplar vom Verlag Hugo Wetzel (Dingelstädt) aus dem Jahr 1901. Dieses belegt, dass damals Effelder, Büttstedt, Küllstedt, Helmsdorf, Wachstedt, Silberhausen und sogar das tief im Westerwald gelegene Klüschen Hagis noch zum Kreis Mühlhausen gehörten.
Lengenfeld/stein wiederum zählte zu jener Zeit zum Kreis Heiligenstadt und Hüpstedt zum Kreis Worbis. Und in Hüpstedt erschien damals wohl eine der schönsten Ansichtskarten des Eichsfeldes überhaupt. Das kolorierte Motiv zeigt eine Ansicht vom Born nahe der ehemaligen Tränke im Unterdorf. Mehrere Kinder sowie zwei Männer und eine Frau mit Wassereimer in der Hand blickten dem Fotografen einst ehrfurchtsvoll entgegen.
Auf Börsen und Auktionen sorgten in den vergangenen Jahren mehrfach historische Postkarten aus dem Eichsfeld für Schlagzeilen. So hatte im März 2012 ein Händler aus Sheboygan im Us-bundesstaat Wisconsin eine Karte für 192,50 Dollar und umgerechnet 146,85 Euro bei einer Internetauktion versteigern können. Dabei handelte es sich um eine farbige Lithografie von Heyerode, die mit einem Mühlhäuser Poststempel vom 21. September 1898 auf die Reise nach Chicago (Illinois) vermutlich zu einem deutschen Auswanderer geschickt worden war. Das seltene Stück aus der Blütezeit der Postkarten zeigt eine Ortsansicht mit der gerade fertig gestellten neuen Pfarrkirche „St. Cyriakus“sowie fünf Detailansichten.
Herausgegeben wurde der „Gruß aus Heyerode“damals vom einheimischen Verlag F. A. Mainzer. Wer schließlich der neue Besitzer der Rarität geworden ist, blieb im Verborgenen. Kenner der Materie gingen jedoch davon aus, dass sie von den USA aus die Heimreise zurück in ihren Ursprungsort Heyerode angetreten hatte.
Die Burg Hanstein hat schon immer Maler und Fotografen inspiriert. Vor einigen Jahren wurde den Postkarten rund um die Burgruine am Dreiländereck sogar eine eigene Ausstellung gewidmet. Besonders beliebt sind bei den Besuchern die Ansichten mit dem Dörfchen Rimbach und seiner Kirche im Vordergrund. „St. Marien“ist aber erst 1910/12 um die prägenden Doppeltürme ergänzt worden.
Mit „Grüße aus der jungen Stadt Leinefelde“waren um 1970 Postkarten von der damaligen Konsum-waldklause „Köhlersgrund“überschrieben. Das Ausflugsziel ist kurz vor der Wende wegen Bauarbeiten geschlossen und nie wieder eröffnet worden. Die Gaststätte wurde danach abgerissen.