Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
SPD verteidigt Verfassungsschutz gegen Angriffe der Linken
Amtschef Kramer spricht von abwegigen Vorwürfen. Innenminister verteidigt Behörde
Erfurt.
In der Thüringer Regierungskoalition ist der Streit um den Verfassungsschutz erneut eskaliert. Die SPD wies den Vorwurf der Linken zurück, dass das Amt in Berichten die Taten von Neonazis verharmlose und sich stattdessen auf angebliche Linksextreme konzentriere.
„Das ist eindeutig nicht der Fall“, sagte die Landtagsfraktionsvize Dorothea Marx der Thüringer Allgemeinen. „Der Rechtsextremismus steht neben dem Islamismus eindeutig im Fokus des Landesamtes.“
Auch der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, widersprach der Linken. „Der pauschale Vorwurf, das Amt verharmlose den Rechtsextremismus, ist abwegig“, sagte er gestern auf Ta-anfrage. Das Gegenteil sei der Fall: „Rechtsextremismus und Islamismus sind derzeit unsere Hauptarbeitsschwerpunkte, ohne die anderen Bereiche zu vernachlässigen.“
Der stellvertretende Linkelandeschef Steffen Dittes hatte am Wochenende dem Verfassungsschutz vorgeworfen, zivilgesellschaftliches Engagement zu diskreditieren. Gleichzeitig würden die Gefahr durch Neonazis zu wenig beleuchtet.
Dittes, der Chef des Innenausschusses im Landtag ist, beklagte auch eine „Schieflage“bei der Berichterstattung über die AFD. So würden zum Beispiel in den Monatsheften des Amtes vor allem Angriffe auf die neue Partei aufgezählt. Hingegen erwähne die Behörde die Neonazi-übergriffe gegen Linke-, SPD- und Cdu-büros nicht. Diese „vollkommen aus dem Ruder gelaufene Ungleichgewichtung“führe „zu einer Verharmlosung extrem rechter Aktivitäten“und der Überhöhung politisch links motivierter Straftaten“.
Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) verteidigte das Landesamt. Der Verfassungsschutz habe die Aufgabe, sachlich und ausgewogen über seine Arbeit zu berichten, sagte er der Thüringer Allgemeinen. „Auch ich habe ein Interesse an größtmöglicher Objektivität.“
Allerdings räumte Verfassungsschutzchef Kramer Verbesserungsbedarf ein. Die Aussagekraft der Monatshefte sei „begrenzt“, sagte er. Sie böten „unnötigen Grund für Missverständnisse und Falschinterpretationen“. Daher halte er diese Publikationen „für entbehrlich“.
Auch Marx sagte, dass die monatlichen Hefte „kein Ruhmesblatt“ des Amtes seien. „Sie gehören eingestellt – und gut ist.“
Die oppositionelle CDU warf Dittes vor, dem Verfassungsschutz „mit aller Macht das linke Auge verkleistern“zu wollen Die Debatte zeige, welche Risiken die linke Regierungsbeteiligung gerade im Bereich der inneren Sicherheit erzeuge, teilte der Landtagsabgeordnete Wolfgang Fiedler mit.
Er verwies darauf, dass sich die Zahl der Fälle links motivierter Gewaltkriminalität im Jahr 2015 mehr als verdoppelt hätten. Auch die Zahl der sonstigen staatsschutzrelevanten Delikte, die der linksextremen Szene zugeordnet wurden, sei im Berichtszeitraum nochmals deutlich angestiegen.
Die neuesten Zahlen zu politisch motivierten Straftaten will Poppenhäger an diesem Donnerstag zusammen mit der Polizeilichen Kriminalstatistik präsentieren. ▶