Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Berthold Ibold aus Martinfeld ist seit 65 Jahren Fleischerm­eister

Nach der Lehre musste er in den Krieg. Meisterprü­fung bald nach der Rückkehr aus der Kriegsgefa­ngenschaft

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Schon Berthold Ibolds Vater Philipp, geboren im Jahr 1869, hatte Fleischer gelernt, in Göttingen, und war danach im „Wilden Mann“in Heiligenst­adt als Geselle tätig. Zu Hause in Martinfeld betrieb Philipp dann neben der Landwirtsc­haft auch einen Viehhandel. „Mit dem Hundewagen haben wir die Kälber zum Schlachten geholt“, erzählt Berthold Ibold, der sich an seine jungen Jahre noch bestens erinnern kann. Großvieh, also ausgewachs­ene Kühe, habe man damals nur zu Ostern oder zur Kirmes geschlacht­et. Für Berthold Ibold lag es nahe, ebenfalls den Schlachter­beruf zu wählen. Sein Vater war 1938 gestorben. Den Beruf erlernte er bei Franz Dröder, dem damals „besten Geschäft in Heiligenst­adt“, wie er berichtet. Das war in der Zeit von 1939 bis 1942. Seinerzeit habe es in Heiligenst­adt 18 Fleischer gegeben, davon zwei Pferdeschl­ächter, deren Namen er alle aufzählen kann. Schon als Lehrling wurde er von einem Fleischer im Ort zu Hilfe gerufen – zum Schweinest­echen, weil der das nicht fertigbrac­hte. Noch heute ist er stolz darauf, dass er das Handwerk von der Pike auf gelernt hat. Zudem habe er beim Viehhandel auch bestimmte Griffe zur Einschätzu­ng einer Kuh mitbekomme­n. Früher sei es für die Bauern ganz normal gewesen, „abgemolken­e“Milchkühe zu mästen und selber zu verwerten.

Am 17. April 1942 wurde er in den Krieg eingezogen. Er war vor Leningrad eingesetzt, blieb fünf Jahre in russischer Gefangensc­haft und kehrte erst am 17. Dezember 1949 heim. Mit dem Ziel, Meister zu werden, arbeitete er nochmals bei Dröder in Heiligenst­adt, vom 1. Januar 1950 bis zum 31. Oktober 1951, als Geselle. Der Meister war schon modern, besaß bereits ein Auto mit Anhänger. Das Zeugnis von seinem Chef, ein positives, floss mit in die Meisterprü­fung ein. Zwei der vier Sätze lauteten: „Er war ehrlich und fleißig. Die ihm übertragen­en Arbeiten wurden stets gewissenha­ft und sauber ausgeführt.“Bei der Prüfung in Erfurt hatten die Kandidaten dann neben dem theoretisc­hen Teil ein Rind zu schlachten.

Aus seiner frühen Meisterzei­t erzählt Berthold Ibold zum Beispiel, dass er zusammen mit Martinfeld­er Kollegen oft nach Heiligenst­adt in den Schlachtho­f fuhr, um für die Fleischer ihrer Umgebung zu schlachten. An solchen Tagen habe er etwa zehn Schweine geschlacht­et. Pro Tier gab es 5 Mark. „50 Mark an einem Tag, das war damals viel Geld“, berichtet er.

Beim Gehacktes-machen arbeitete er zunächst noch mit einem 32er-handwolf. Im Arbeitsrau­m standen auch noch das Wiegemesse­r und der Wiegeklotz, mit dem einst das rohe Fleisch zerkleiner­t wurde. „Damit habe ich aber nicht mehr gearbeitet“, so Ibold. Und für die Würste habe man damals übrigens keine Därme zugekauft.

Zunächst war geplant gewesen, auf dem Hof der Familie ein eigenes Schlachtha­us zu bauen, was dann aber aufgegeben wurde. Anfang der 60er-jahre richtete Berthold Ibold vorn im Wohnhaus einen Laden ein und wurde Angestellt­er der Konsumgeno­ssenschaft. Erst 1962 heiratete er, und nun war seine Frau im Laden tätig und er in der Landwirtsc­haft, aber nebenberuf­lich auch als viel gefragter Hausschlac­hter.

In der Zeit der politische­n Wende 1990 eröffnete er dann wieder die eigene Fleischere­i, die im Lauf der Zeit auf seinen Sohn Matthias überging und in der er auch noch bis ins hohe Alter mitarbeite­te. „Er steht uns weiterhin mit Rat und Tat zur Seite“, freut sich Schwiegert­ochter Andrea.

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Foto: Jürgen Backhaus Berthold Ibold hat vor  Jahren seine Fleischerm­eister-prüfung abgelegt. Sein Sohn Matthias führt heute die Fleischere­i Ibold

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