Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Wahl im Schatten
über die dürftige Resonanz auf die Sozialwahl
Stell dir vor, es ist Wahl und keiner geht hin. Das ist – zugegebenermaßen – eine zugespitzte Sicht auf die laufende Sozialwahl. Auch muss ja keiner ins Wahllokal gehen, da das Votum per Briefwahl am Postkasten abgegeben wird. Bei nur 30 Prozent Wahlbeteiligung stellt sich aber auch mit Blick auf die Millionen-kosten einmal mehr die Frage nach der Popularität des Plebiszits.
Dabei liegt der Wert der Wahlen zu den Bürgerparlamenten der Renten- und Sozialversicherungen auf der Hand. Versicherte dürfen bei Krankenkasse oder Rententräger über die Verwaltungsräte mitreden bei der Besetzung von Chefposten, bei Vorstandsgehältern oder beim Katalog der zu vergütenden Gesundheitsund Reha-leistungen.
Leider wissen viele gar nicht, worum es bei der Sozialwahl geht, für die ihnen alle sechs Jahre per Brief die Unterlagen ins Haus flattern. Demokratisch über ihrer Verwaltungsräte abstimmen lassen nur noch die Rentenversicherung und fünf Ersatzkassen. Die anderen – immerhin 90 Prozent der Sozialversicherungsträger – beordern ihre Volksvertreter per sogenannter Friedenswahl. Kritiker sprechen da auch schon mal von Blockwahlen im Stile der Nationalen Front in der DDR.
Die Sozialwahl hat eine bessere Reputation verdient. Dafür müsste sie dringend modernisiert und demokratisiert werden. Die Einstiegshürden in die Parlamente müssen gesenkt, die Aufstellung der Kandidaten für die Versicherten transparenter werden. Statt umständlich per Brief, sollte die Abstimmung einfach online möglich sein.
Gewählt werden kann noch bis kommenden Mittwoch. Die Wahlbeteiligung entscheidet mit über die Zukunft der Wahl.