Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Sorge um Eichsfeld-identität
Männerwallfahrt: Bischof Neymeyr hofft auf die Weitergabe des Glaubens in den Familien
Wachstedt.
Bei bestem Wetter kamen am Himmelfahrstag etwa 8000 Wallfahrer und auch Wallfahrerinnen zur 61. Männerfallfahrt ins Klüschen Hagis. Neben den Feuerwehren von Martinfeld, Wachstedt und Küllstedt sorgten DRK und Polizei für die Sicherheit und die Malteser für die Anfahrt der älteren Teilnehmer von den Parkplätzen in Wachstedt und Martinfeld. Die Blaskapelle Kefferhausen war wie immer dabei, und der von Martin Kondziella geleitete Eichsfelder Kammerchor hatte seinen ersten Auftritt.
In seiner Predigt zum Thema „Ich vertraue auf Dich. Zeige mir den Weg“teilte Bischof Ulrich Neymeyr die Sorge um die Identität des Eichsfeldes. Hier gebe es ein vielfältiges katholisches Leben und das ganze Jahr über gut besuchte Gottesdienst. Ein beredtes Zeugnis gäben auch die Kirchen, Kapellen, Bildstöcke und Heiligenfiguren – aber es gebe auch die Frage: „Wird es so bleiben?“
Zunehmend werde es schwieriger, junge Familien ins kirchliche Leben einzubinden. Viele Kinder würden erst im katholischen Kindergarten das Tischgebet kennenlernen, und Religionslehrer berichteten, „dass die Kinder ihren christlichen Glauben nicht kennen“. Und was die Kinder im katholischen Kindergarten oder im Religionsunterricht lernten, bleibe ein Inselwissen. Die Eltern seien die wesentlichen Vertrauenspersonen der Kinder.
Mit ausrangierten Handys etwas Gutes tun
„Wenn sie erleben, dass ihre Eltern, denen sie rückhaltlos vertrauen, selbst auf Gott vertrauen, ist dies eine fundamentale Glaubenserfahrung, die das Leben prägt.“Dazu gehöre auch die Gestaltung des Sonntags und ob die Eltern zum Beispiel zu Vergebung bereit sind oder sich mit Fehlern auseinandersetzen. Und dabei gehe es auch um die Bewahrung der Identität des Eichsfeldes, die auf dem christlichen Glauben und der katholischen Lebenshaltung fuße, sprach Neymeyr Grundwerte wie Solidarität, Hilfsbereitschaft, Zusammenhalt in Familie und Dorf, Heimatverbundenheit und Verlässlichkeit an.
Dabei geschehe das Verblassen der Identität des Eichsfeldes nicht im luftleeren Raum, ständen von den politischen Rändern geprägte Gesellschaftsmodelle parat. Das eine sei jenes, das möglichst viel dem Staat übertragen wolle.
Das andere habe zu tun mit Nationalismus und Rassismus und verdränge. Beide Haltungen seien mit der katholischen Soziallehre unvereinbar, mahnte der Bischof im Blick auf die Bundestagswahl.
Zur Missio-aktion „Dein altes Handy für Familien in Not“sagte Erzbischof François Xavier Maroy aus dem Kongo, sein Land mache gerade eine schwere Zeit durch. Mit der Abgabe der Geräte „helfen Sie dem Frieden im Kongo“, bezog sich Maroy auf illegal abgebautes Coltan, „Blut-coltan“. Aber am hilfreichsten sei, „dass Sie die Waffenproduzenten bitten, das nicht mehr zu tun“. Alte Handys werden auch am morgigen Sonntag bei der Frauenwallfahrt in Dingelstädt angenommen.
Das Ziel „gelingendes Leben“gaben in der Feierstunde Rudi Haase und Wolfgang Grotzke in mehrere Navis ein, die sie in einem Auto mit dem Kennzeichen „EIC-UH 123“testeten. „Biegen Sie links ab und dann geradeaus zur Gebietsreform“, sagte ein Gerät. Ein anderes, „empfohlen vom Landrat“, hielt einen tiefgründigen Vortrag. Das nächste wollte „so schnell wie möglich nach rechts“abbiegen lassen. Dann war da eins, das „Mensch, wo bist du?“fragte und auf den Weg, die Wahrheit und das Leben verwies.
„Liebe östliche Christen“, begann der Arzt und Theologe Manfred Lütz aus Köln vor den noch etwa 4000 Wallfahrern seine Ansprache und lobte erst einmal das Eichsfeld, wo sogar der Papst anrufe, wenn er nicht mehr genau wisse, was richtig katholisch sei.
So eine Wallfahrt wie diese kriege das Rheinland nicht hin, meinte er und betonte mit viel Witz, die Katholiken sollten nicht jammern, nicht auf die Defizite der Kirche schauen. Habe doch bei Jesus der Kirchbesuch nur acht Prozent betragen: „Johannes unter dem Kreuz“, einer von zwölf Aposteln. Für die Kinder sei wichtig, dass nicht nur die Mütter, auch die Väter mit ihnen zur Kirche gehen. Zudem müsse die Gottesfrage gestellt, über die Märtyrer der jüngeren Geschichte geredet werden, Sinnvolles getan werden, z.b. bei der Flüchtlingshilfe, und sollte man seinen Glauben kennen. Dazu erzählte Lütz Geschichten. Eine davon: Ein Journalist ließ sich für eine Tv-übertragung von einem Priester die Heilige Messe erklären und sagte diesem wenig später: „Jetzt können Sie mich auch taufen.“