Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Kirchentage und Respekt
ie innerdeutsche Grenze in ihrer von Ddr-seite betriebenen konsequenten Form gab es gerade mal 28 Jahre. Trotz dieses relativ kurzen Zeitraums hat diese Grenze viel Leid und Ungemach gebracht und dafür gesorgt, dass sich das Deutschland diesseits und jenseits jenes „eisernen Vorhangs“politisch und wirtschaftlich unterschiedlich entwickelte. So unterschiedlich, dass das bis heute Konsequenzen hat und trotz Wiedervereinigung die Verschiedenheit durchaus noch spürbar ist. Und dass nach 28 Jahren und trotz der Einseitigkeit, dass das Gebiet der ehemaligen DDR einfach an die Bundesrepublik Deutschland angegliedert wurde. Wenn eine Trennung über mehrere hundert Jahre währt, dann lässt sich vermuten, dass die Gräben noch tiefer sind, dass sich zwei christliche Konfessionen zum Teil sehr unterschiedlich entwickelt haben, dass es viele Verletzungen und Irritationen gab und es kaum möglich sein wird, einen Schlussstrich zu ziehen, ohne die gegenseitige Vergewisserung. Auch würden es unsere evangelischen Mitchristen kaum verstehen, würden wir ihnen vorschlagen, sich einfach der katholischen Kirche wieder anzuschließen. Dazu war die Idee Martin Luthers von einer sich reformierenden Kirche zu richtig und zu wichtig. Wer in diesen Tagen die Veranstaltungen des deutschen evangelischen Kirchentages verfolgt, die ganz im Zeichen des Reformationsjubiläums 2017 stehen, wird möglicherweise keine so großen Unterschiede im Vergleich zu einem Katholikentag feststellen. Und ja, es stimmt, beide Konfessionen sind sich an vielen Stellen schon recht nahe gekommen. Und dennoch, aus gegenseitigem Respekt sollten wir uns die Zeit geben, die wir brauchen, bis der nächste Schritt gegangen werden kann.
Es braucht mutige Menschen, die unter der Spaltung leiden und die Kraft haben, diese auch auszuhalten, ohne die Unterschiede vorschnell einzuebnen. Wir alle sollten uns für die jeweils andere Konfession mehr interessieren, dann lernen wir gleichzeitig auch viel über die eigene. Besuchen sie doch mal wieder einen evangelischen Gottesdienst! Wie wäre es Pfingstmontag?