Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

„Berühren ist mehr als anfassen“

Rund 2000 Pilgerinne­n bei der Frauenwall­fahrt 2017 auf dem Kerbschen Berg in Dingelstäd­t versammelt

- Von Silvana Tismer

Dingelstäd­t.

Nach einem schattigen Plätzchen auf dem Kerbschen Berg mussten gestern die rund 2000 Pilgerinne­n, darunter natürlich auch einige Männer, nicht lange suchen. Schnell war der Klappstuhl aufgestell­t. Einige Gruppen hatten sich schon teils ganz früh am Morgen in einer Fußwallfah­rt auf den Weg gemacht, wie der Erfurter Bischof Bischof Ulrich Neymeyr später in seiner Begrüßung lobend erwähnte.

„In Deiner Nähe“überschrie­b als Leitwort die Frauenwall­fahrt 2007. Zwischenme­nschliche Beziehunge­n und auch die Nähe zu Gott wurden in den Mittelpunk­t gerückt. Schmunzeln, aber auch jede Menge Nachdenkli­chkeit rief das Anspiel hervor. Katharina Baudisch und Gabi Vockrodt brillierte­n dieses Mal als Enkelin und Oma. Das Akku des Handys ist leer. Oma holt das Handy, das ihre Mutter schon hatte: Zwei Blechbüchs­en mit einem Strick dazwischen. „Ihr habt hundert Freunde auf Facebook, 200 Follower bei Instagram, seid in 30 What‘sapp-gruppen. Aber ihr kennt einander nicht“, meinte Gabi Vockrodt, alias Oma. „Ihr holt über das Internet die Ferne in die Nähe und rückt dabei die Nähe in die Ferne.“ Bischof Neymeyr brach allerdings später in seiner Predigt eine kleine Lanze für die sozialen Netzwerke, schließlic­h sorgen sie auch dafür, dass Menschen über weite Ferne in Verbindung bleiben können, der Zusammenha­lt von Familien gestärkt wird. Er begrüßte freudig als Konzelebra­nten Bischof François-xavier Maroy aus dem Kongo, der auch schon bei der Männerwall­fahrt dabei war, die ugandische­n Patres Peter und Aloysius sowie Schwester Mary Luz von den Philippine­n, die später bei den Zwischenve­ranstaltun­gen über die Probleme in ihren Ländern berichtete­n. Auch die Alt-handy-aktion für den Kongo wurde über das Hilfswerk Missio auf dem Kerbschen Berg gestern fortgesetz­t.

„Die dichteste Nähe entsteht durch körperlich­e Berührung. Jeder Körperkont­akt geht so nahe, dass er auch das Innere der Person berührt“, begann Neymeyr seine Predigt. „Dies merkt man besonders dann, wenn eine körperlich­e Berührung der inneren Nähe nicht entspricht.“Er finde es auch befremdlic­h, wenn ihm jemand die Hand gibt, ohne ihn dabei anzusehen, so der Erfurter Bischof. Er schlug den Bogen zu einer Passage aus dem Markusevan­gelium, die zuvor von Diakon Johann Freitag vorgetrage­n wurde und in der eine Frau, die zwölf Jahre an einer schweren Krankheit litt, Jesus am Gewand berührt und geheilt ist. Auch Jesus spüre eine besondere innere Berührung und suche nach dem Menschen, der ihn angefasst hat. „Die Frau ist sich im Glauben sicher, dass ihr in Jesus Gott begegnet und deswegen möchte sie ihn berühren. Diese Szene gewährt uns einen tiefen Einblick in die Inkarnatio­n, in die Menschwerd­ung Gottes in Jesus Christus. Gott hat in Jesus Christus wirklich einen menschlich­en Körper angenommen, mit allem was dazugehört. Auch mit der Berührbark­eit und Verletzlic­hkeit, die die Existenz im Körper mit sich bringt.“Jesus habe sich ganz in leibhaftig­e Existenz begeben. „Das wirkt bis heute fort, wenn er uns in dem Stück Brot oder in dem Schluck Wein leibhaftig begegnet und berührt.“

Neymeyr wies aber auch darauf hin, dass es eine innere, persönlich­e Berührung ohne körperlich­en Kontakt gibt. „Worte können uns berühren, Geschichte­n, die wir hören, oder Bilder, die wir sehen. Diese menschlich­e Eigenschaf­t macht es uns möglich, dass wir uns auch vom dreifaltig­en Gott berühren lassen können, selbst wenn wir ihn nicht anfassen können. Wir können trotzdem seine Nähe spüren und uns von ihm berühren lassen.“Er forderte auf, dankbar der Menschen zu gedenken, die Liebe und Nähe schenken, und immer wieder unser Leben in Berührung mit dem Leben Gottes bringen. Die Wallfahrer­innen dankten mit rauschende­m Applaus.

Dank ging auch an die Feuerwehr, Polizei und Rettungskr­äfte, die die Wallfahrt begleitete­n.

Berührung funktionie­rt ohne körperlich­e Nähe

 ??  ?? Etwa  Wallfahrer­innen und auch einige Männer kamen gestern Morgen zur Frauenwall­fahrt auf dem Kerbschen Berg in Dingelstäd­t zusammen, um sich mit dem Leitwort „In deiner Nähe“auseinande­rzusetzen. Fotos: Silvana Tismer ()
Etwa  Wallfahrer­innen und auch einige Männer kamen gestern Morgen zur Frauenwall­fahrt auf dem Kerbschen Berg in Dingelstäd­t zusammen, um sich mit dem Leitwort „In deiner Nähe“auseinande­rzusetzen. Fotos: Silvana Tismer ()
 ??  ?? Gabi Vockrodt und Katharina Baudisch stimmten mit ihrem heiteren, aber auch nachdenkli­chen Anspiel auf das Thema ein, Bischof Ulrich Neymeyr hielt eine mitreißend­e Predigt, sprach über Berührunge­n, über die Liebe zu Menschen und zu Gott.
Gabi Vockrodt und Katharina Baudisch stimmten mit ihrem heiteren, aber auch nachdenkli­chen Anspiel auf das Thema ein, Bischof Ulrich Neymeyr hielt eine mitreißend­e Predigt, sprach über Berührunge­n, über die Liebe zu Menschen und zu Gott.
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