Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Prozess um Diebesbande startet holprig
Mehr als 60 Fälle zur Anklage gebracht
Erfurt.
Die Liste der Einbrüche und gescheiterter Versuche umfasst mehr als 60 Fälle. Rund um Erfurt, aber auch in anderen Bundesländern, sollen die fünf Angeklagten als Bande in wechselnder Besetzung in Wohnungen und Einfamilienhäuser eingestiegen sein.
Akribisch nennt die Staatsanwaltschaft Erfurt all diese Taten in ihrer Anklageschrift vom Februar. Hinzu kommt der Fund kinderpornografischer Bilder auf dem Handy eines der Angeklagten. Die aus dem Kosovo stammenden Männer und eine Frau, sie ist mit einem der Angeklagten verheiratet und Serbin, sollen ihre Beutezüge ab Spätherbst 2015 bis zum Frühjahr 2016 begangen haben.
In schneller Folge wurde offenbar versucht, Schmuck, Bargeld, wertvolle Uhren oder Handys aber auch Kleidungsstücke zu stehlen. Immer wieder mit Erfolg. Und selbst beim Scheitern richteten die Bandenmitglieder teils Schäden in vierstelliger Höhe an, weil Fenster und Türen, aber auch Möbel, nach den brutalen Versuchen, diese zu öffnen, ersetzt oder aufwendig repariert werden mussten.
Doch die 6. Strafkammer am Landgericht Erfurt ließ nur einen Teil der Anklagepunkte in ihrem Eröffnungsbeschuss vom 28. Juni zu. Verteidiger sprachen gestern am Rand des Prozesses von etwa der Hälfte der Punkte, die weggefallen seien. Eine solche Anklage hätte natürlich auch mildere Strafen zur Folge.
Gegen diese Teileröffnung legte die Staatsanwaltschaft Erfurt am 4. Juli sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht in Jena ein. Am 14. Juli reichte die Staatsanwaltschaft Erfurt aber auch eine „klarstellende Anklageschrift“beim Landgericht Erfurt ein. Diese Anklageschrift folgte offenbar dem Teileröffnungsbeschluss des 6. Strafkammer. Vergangenen Donnerstag entschied dann das Oberlandesgericht in Jena, dass die ursprüngliche Anklage vom Februar dem Prozess zugrunde zu legen ist.
Nach diesem juristischen Hin und Her um die Anklage in diesem Verfahren kritisierte gestern zu Prozessbeginn ein Verteidiger, dass zwei unterschiedliche Anklagen vorliegen würden. Er interpretierte die am 14. Juli nachgereichte, „klarstellende Anklageschrift“zugleich als Rücknahme der Beschwerde der Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht. Letztlich forderte der Verteidiger, das Verfahren mit der abgespeckten Anklageversion zu eröffnen. Diesem Ansinnen schlossen sich im Prozess weitere Angeklagte an.
Nach anderthalbstündiger Beratung lehnte die 6. Strafkammer dies ab und verfügte, dass die ausführliche Anklage der Staatsanwaltschaft vom Februar verlesen werde. Damit folgten die Richter dem Oberlandesgericht vom Donnerstag. Die Strafkammer war zeitlich unter Druck geraten. Drei der fünf Angeklagten sitzen seit März beziehungsweise April 2016 in Untersuchungshaft. Für das Ehepaar wurde die Untersuchungshaft bereits außer Vollzug gesetzt.
Weitere Haftprüfungstermine stehen an. In Strafsachen, bei denen Angeklagte in U-haft sitzen, gilt der Beschleunigungsgrundsatz. Die Gerichte müssen alles für einen zügigen Verfahrensablauf unternehmen. Andernfalls könnten die Angeklagten wieder aus der Haft entlassen werden. Das sollte mit der gestrigen Prozesseröffnung auf jeden Fall vermieden werden.
Laut Staatsanwaltschaft soll allein der Gesamtwert der Beute etwa eine Viertelmillion Euro betragen. Den Schaden, den die Diebesbande an den Häusern oder Wohnungen beim Eindringen angerichtet hatte, beziffern die Ankläger noch einmal mit gut 100 000 Euro. Hinzu kommen die psychischen Folgen für zahlreiche Betroffene, nach dem ihre persönlichen Sachen durchwühlt wurden.