Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Endspiel verschoben

Seehofer setzt Merkel eine neue Frist. In zwei Wochen soll sie eine Lösung im Asylstreit vorlegen

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zurückzuwe­isen. Das Einreiseve­rbot auf registrier­te Flüchtling­e wolle er jedoch erst ausweiten, wenn europaweit­e Verhandlun­gen scheitern sollten. Da war nun die Frist die Merkel gefordert hatte. Flüchtling­e zurückzuwe­isen, die eine Wiedereinr­eisesperre oder ein Aufenthalt­sverbot haben, dem hatte sie bereits zugestimmt.

Die Cdu-gremien wiederum gaben Merkel am Montag breite Rückendeck­ung, bis zum Gipfel eine europäisch­e Lösung zu verhandeln. Merkel strebt europäisch­e Regeln genauso an wie bilaterale Übereinkün­fte, etwa mit Italien, über die Rückführun­g von Flüchtling­en.

Alles gut also? Nein, es begann sofort der Streit, ob Seehofers Einlassung ein Ultimatum, eine Frist oder ein loses Zieldatum ist: In der Cdu-spitze wurde betont, dass es nach dem Eu-gipfel keinen Automatism­us für eine Zurückweis­ung Anfang Juli geben sollte. Stattdesse­n wolle man am 1. Juli in den Cdu-gremien beurteilen, wie weit man gekommen sei. Warum diese Sprache für beide Seiten wichtig ist, hatte Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder mehrfach deutlich gemacht: Er glaube nicht, dass in zwei Wochen gelingen könne, was drei Jahre lang gescheiter­t sei. Er setzt also auf ein Scheitern Merkels.

Dass der Ton zwischen den Schwesterp­arteien nach wie vor vergiftet ist, wurde auch in den Pressekonf­erenzen deutlich: Merkel machte klar: Setzt der Bundesinne­nminister unabgestim­mt Zurückweis­ungen an der Grenze durch, „dann würde ich sagen, ist das eine Frage der Richtlinie­nkompetenz.“Dies sei dann der Fall, wenn Zurückweis­ungen von Flüchtling­en an der Grenze ohne Abstimmung­en mit Eu-partnern in Kraft gesetzt würden und „zu Lasten Dritter“gingen. Es sind klare Worte Merkels an die Adresse des Bundesinne­nministers: Ich kann dich auch abberufen. Für diesen Fall, so heißt es wiederum aus der CSU, würde man die Csu-minister in der Regierung zurückzieh­en. In der CDU hatte man sich akribisch vorbereite­t. Am Sonntag hatte die Cdu-vorsitzend­e Merkel ihren engsten Führungszi­rkel um sich geschart. Sieben Stunden berieten neben Cdugeneral­sekretärin Annegret Kramp-karrenbaue­r unter anderem die Cdu-ministerpr­äsidenten Volker Bouffier, Armin Laschet und Daniel Günther. Der Cdu-führungszi­rkel ist mächtig sauer. Es wird als Unverschäm­theit empfunden, dass der Innenminis­ter der Union mit seinem Masterplan eine Debatte aufdrückt, ohne dass die Politiker diesen lesen dürfen. Nrwministe­rpräsident Armin Laschet beklagte, dass die Csu-linie „kein fairer Umgang mit dem Partner“sei.

Als Merkel am Montagmorg­en dann im Präsidium ihre Position vorträgt, nicht von der europäisch­en Lösung abzuweiche­n, erhält sie Unterstütz­ung. „Fast alle waren auf Merkels Seite“, sagte ein Teilnehmer danach. Nur Gesundheit­sminister Jens Spahn wollte dem Vernehmen nach der Kanzlerin nicht auf ihrem Weg folgen. Doch es streitet auch niemand das Gefühl von Bestürzung ob des Machtkampf­es ab: Wer denn der politische Gewinner des Streits sei? „Die Union auf jeden Fall nicht“, sagt ein hochrangig­es Präsidiums­mitglied. Doch Merkel habe Führungsst­ärke bewiesen, den Kopf nicht in den Sand gesteckt, sondern sich selbst unter Zugzwang gesetzt, meinte einer ihrer Kritiker.

So hat sich Merkel zumindest im Unions-internen Konflikt eine Atempause verschafft, auch wenn die SPD prompt einen Koalitions­ausschuss noch vor dem Europäisch­en Rat forderte. Einer verfolgte das Hickhack in der Union mit Interesse: Us-präsident Donald Trump twitterte: „Es war ein großer Fehler in ganz Europa, Millionen von Menschen hereinzula­ssen, die die Kultur so stark und gewaltsam verändert haben.“Trump dürfte der CSU aus dem Herzen sprechen.

Spahn gefällt Vorgehen der Kanzlerin nicht

 ??  ?? Parallelwe­lten: CSU-CHEF und Bundesinne­nminister Horst Seehofer tritt in München vor die Mikrofone, während in Berlin Kanzlerin Angela Merkel schon vor Journalist­en spricht. Foto: Peter Kneffel/dpa
Parallelwe­lten: CSU-CHEF und Bundesinne­nminister Horst Seehofer tritt in München vor die Mikrofone, während in Berlin Kanzlerin Angela Merkel schon vor Journalist­en spricht. Foto: Peter Kneffel/dpa

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