Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Ringfahndung nach Einbruch in Juweliergeschäft
Ein heiterer literarischer Abend mit dem „Erzpoeten und Eulenspiegel“Manfred Hausin im Alten Rathaus beim Kulturfreitag
Heiligenstadt.
Bekannt ist er als „Erzpoet und Eulenspiegel“. Bis Jana Bauer, Leiterin der Stadtbibliothek, am Kulturfreitag im Alten Rathaus das Publikum und ihn begrüßte, saß Manfred Hausin irgendwo ganz hinten, so, als gehöre er zu den Besuchern des literarischen Abends. Erst dann wandte sich der Autor aus Emmerke bei Hildesheim von dem für ihn vorgesehenen Platz aus an alle, die seine Gedichte und Geschichten und Wissenswertes aus seinem Leben hören wollten.
„Hausinaden“hatte er mitgebracht – das sind „auf zwei Zeilen gekürzte Romane“, bei denen Leser und Hörer mitunter „dreimal um die Ecke denken müssen“. Hier zwei Kostproben: „Sofort nach dem Einbruch ins Juweliergeschäft löste die Polizei eine Ringfahndung aus.“Ein anderer Mini-roman erzählt von einem Architekten, der Dichter wurde, nachdem ihm etwas eingefallen war. Vor 50 Jahren ist Manfred Hausin das erste Mal öffentlich aufgetreten. Und so begann seine Dichterlaufbahn: Dreizehn Jahre alt war er, als er die Gedichte seines vier Jahre älteren Bruders unter seinem Namen Zeitungsredaktionen anbot. Vorschlag des Älteren, der sich selbst nicht traute, Kontakt zu Redaktionen aufzunehmen: Manfred gibt seinen Namen her; bei Veröffentlichung eines Gedichtes wird das kleine Honorar brüderlich geteilt. Irgendwann kam der große Bruder mit den Lieferungen nicht mehr nach. Ergebnis: „Das Geschäft florierte – und bevor die Bombe platzte, begann ich selbst zu schreiben. Mein Bruder wurde Rechtsanwalt.“Den Gedichten folgten Geschichten. Vieles, was er selbst „erlebt und erlitten“hat, hat Manfred Hausin aufgeschrieben, ist in Büchern festgehalten als brillantes Spiel mit Worten, dabei immer wieder die Fülle an Möglichkeiten ausreizend, die die deutsche Sprache bietet. „Liebe für immer“heißt die Sammlung seiner „111 schönsten & frechsten Liebesgedichte“. Hannes Wader hat Gedichte aus der Feder Hausins vertont, auch das wunderbare, derb-gefühlvolle, lebensbejahende „Dass wir so lang leben dürfen“.
Aufschlussreich waren Informationen, die hinter den Geschichten stehen. Sein Buch „Vorsicht an der Bahnsteigkante!“darf getrost als Liebeserklärung an seinen Großvater angesehen werden und an das Haus, in dem jener als Bahnhofsvorsteher nach dem Krieg wohnte. Dort gab es das einzige Telefon im Dorf. Die urkomische Geschichte vom großen Bahnhof für ein großes Tier ist mitten aus dem Leben gegriffen: Der ganze Ort hat sich am Bahnhof versammelt, denn ein großes Tier wird erwartet. Die Feuerwehrkapelle steht bereit. Sicher wird der Bürgermeister eine Begrüßungsrede halten. Der lang erwartete Augenblick ist gekommen. Der Zug fährt ein, dem großen Tier wird beim Aussteigen geholfen. Es ist – eine Giraffe. Bald schon befanden sich die Freunde des Kulturfreitags mitten in einer Führung durch das Kloster Walkenried im Harz, einer ehemaligen Zisterzienserabtei. Es war eine Mischung aus Verstehen, sich vor Lachen nicht mehr halten können und Mitleid. Mitleid mit dem Museumsführer, der sich einer vorwitzigen alten Dame nicht erwehren kann, die seine Erläuterungen ständig mit eigenem Wissen „ergänzt“. Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind beabsichtigt. Nicht jeder Satz, nicht jedes Wort prägt sich ein beim Besuch eines solchen Abends. Doch dieser Satz sollte im Gedächtnis bleiben: „Dass sich die Menschen erheben, dafür müssen die Worte sitzen.“
Ein Autor, der mit Worten brillant zu spielen versteht