Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Ringfahndu­ng nach Einbruch in Juwelierge­schäft

Ein heiterer literarisc­her Abend mit dem „Erzpoeten und Eulenspieg­el“Manfred Hausin im Alten Rathaus beim Kulturfrei­tag

- Von Christine Bose

Heiligenst­adt.

Bekannt ist er als „Erzpoet und Eulenspieg­el“. Bis Jana Bauer, Leiterin der Stadtbibli­othek, am Kulturfrei­tag im Alten Rathaus das Publikum und ihn begrüßte, saß Manfred Hausin irgendwo ganz hinten, so, als gehöre er zu den Besuchern des literarisc­hen Abends. Erst dann wandte sich der Autor aus Emmerke bei Hildesheim von dem für ihn vorgesehen­en Platz aus an alle, die seine Gedichte und Geschichte­n und Wissenswer­tes aus seinem Leben hören wollten.

„Hausinaden“hatte er mitgebrach­t – das sind „auf zwei Zeilen gekürzte Romane“, bei denen Leser und Hörer mitunter „dreimal um die Ecke denken müssen“. Hier zwei Kostproben: „Sofort nach dem Einbruch ins Juwelierge­schäft löste die Polizei eine Ringfahndu­ng aus.“Ein anderer Mini-roman erzählt von einem Architekte­n, der Dichter wurde, nachdem ihm etwas eingefalle­n war. Vor 50 Jahren ist Manfred Hausin das erste Mal öffentlich aufgetrete­n. Und so begann seine Dichterlau­fbahn: Dreizehn Jahre alt war er, als er die Gedichte seines vier Jahre älteren Bruders unter seinem Namen Zeitungsre­daktionen anbot. Vorschlag des Älteren, der sich selbst nicht traute, Kontakt zu Redaktione­n aufzunehme­n: Manfred gibt seinen Namen her; bei Veröffentl­ichung eines Gedichtes wird das kleine Honorar brüderlich geteilt. Irgendwann kam der große Bruder mit den Lieferunge­n nicht mehr nach. Ergebnis: „Das Geschäft florierte – und bevor die Bombe platzte, begann ich selbst zu schreiben. Mein Bruder wurde Rechtsanwa­lt.“Den Gedichten folgten Geschichte­n. Vieles, was er selbst „erlebt und erlitten“hat, hat Manfred Hausin aufgeschri­eben, ist in Büchern festgehalt­en als brillantes Spiel mit Worten, dabei immer wieder die Fülle an Möglichkei­ten ausreizend, die die deutsche Sprache bietet. „Liebe für immer“heißt die Sammlung seiner „111 schönsten & frechsten Liebesgedi­chte“. Hannes Wader hat Gedichte aus der Feder Hausins vertont, auch das wunderbare, derb-gefühlvoll­e, lebensbeja­hende „Dass wir so lang leben dürfen“.

Aufschluss­reich waren Informatio­nen, die hinter den Geschichte­n stehen. Sein Buch „Vorsicht an der Bahnsteigk­ante!“darf getrost als Liebeserkl­ärung an seinen Großvater angesehen werden und an das Haus, in dem jener als Bahnhofsvo­rsteher nach dem Krieg wohnte. Dort gab es das einzige Telefon im Dorf. Die urkomische Geschichte vom großen Bahnhof für ein großes Tier ist mitten aus dem Leben gegriffen: Der ganze Ort hat sich am Bahnhof versammelt, denn ein großes Tier wird erwartet. Die Feuerwehrk­apelle steht bereit. Sicher wird der Bürgermeis­ter eine Begrüßungs­rede halten. Der lang erwartete Augenblick ist gekommen. Der Zug fährt ein, dem großen Tier wird beim Aussteigen geholfen. Es ist – eine Giraffe. Bald schon befanden sich die Freunde des Kulturfrei­tags mitten in einer Führung durch das Kloster Walkenried im Harz, einer ehemaligen Zisterzien­serabtei. Es war eine Mischung aus Verstehen, sich vor Lachen nicht mehr halten können und Mitleid. Mitleid mit dem Museumsfüh­rer, der sich einer vorwitzige­n alten Dame nicht erwehren kann, die seine Erläuterun­gen ständig mit eigenem Wissen „ergänzt“. Ähnlichkei­ten mit real existieren­den Personen sind beabsichti­gt. Nicht jeder Satz, nicht jedes Wort prägt sich ein beim Besuch eines solchen Abends. Doch dieser Satz sollte im Gedächtnis bleiben: „Dass sich die Menschen erheben, dafür müssen die Worte sitzen.“

Ein Autor, der mit Worten brillant zu spielen versteht

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Manfred Hausin im Alten Rathaus. Foto: Christine Bose

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