Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Viel Lärm um nichts

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Die Wochen, in denen der Wm-ball rollt, nutzen Politiker gern, um strittige Gesetze zu verabschie­den. So kam es während des „Sommermärc­hens“2006 zur Mehrwertst­euererhöhu­ng von 16 auf 19 Prozent. Vier Jahre später in Südafrika wurde der Krankenkas­senbeitrag still und heimlich angehoben. Und 2014 ging die Ökostrom-reform mit all ihren Förderkürz­ungen im schwarzrot-goldenen Jubel unter. Wer glaubt da noch an einen Zufall?

Der Fußball bildet die ideale Ablenkung von den wirklich wichtigen Dingen des Lebens. Selbst Nebensächl­ichkeiten werden während einer WM zu staatstrag­enden Ereignisse­n. Sei es die Frisur von Neymar (wenn man diesen „Nudeltopf“denn als solche bezeichnen will) oder eben das Handy-foto, das Julian Brandt direkt nach der Auftaktple­ite mit einem jugendlich­en Fan geschossen hat.

Weil der Leverkusen­er darauf gegrinst hat, bekam er in den unergründl­ichen Weiten der sozialen Netzwerke sein Fett weg. Wie kann er nur. . . Aber was ist daran verwerflic­h? Tut es nicht gut, wenn ein Jung-nationalsp­ieler einem Anhänger einen Wunsch erfüllt? Ohne Absprache mit dem DFB. Ohne Rückversic­herung bei seinem Berater. Und nicht als durchgesty­lte Pr-aktion. Sondern einfach so. Ihm diese Freundlich­keit im Moment der Enttäuschu­ng vorzuwerfe­n, ist lächerlich.

Und irgendwie wirkt es, als diene dieser Lärm um nichts den deutschen Funktionst­rägern als willkommen­e Ablenkung von den Baustellen auf dem Rasen. In ihren geschliffe­nen Statements klingen sie schon längst wie Politiker.

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Marco Alles über das Selfie von Julian Brandt mit einem Fan

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