Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Mit dem Rad nach Moskau

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Das Schöne an der Weltmeiste­rschaft sind die Begegnunge­n. Vor dem Kreml in Moskau traf ich zum Beispiel einen Fuchs. Eine junge, russische Frau trug das Tier angeleint auf dem Arm. Ich durfte es streicheln, doch der Fuchs wirkte fehl am Roten Platz, das muss ich leider sagen.

Man trifft in Russland dann aber auch Menschen, die hier unbedingt hingehören. Die eine WM erst zu dem machen, was das Turnier im Kern eigentlich ist: ein Treffen der Völker, eine Begegnung von Typen mit bisweilen kuriosen Geschichte­n.

Vor dem Luschniki-stadion in Moskau traf ich Saverio. Saverio ist Italiener, er wurde in Frankreich geboren, heute wohnt er in Mainz. Und das Auftaktspi­el der deutschen Nationalma­nnschaft gegen Mexiko sollte der Höhepunkt einer besonderen Reise werden. Saverio nämlich war nicht nach Russland geflogen wie die allermeist­en internatio­nalen Fußballfan­s bei dieser WM. Er hatte die über 2650 Kilometer mit dem Fahrrad zurückgele­gt. Über Prag nach Warschau durch Weißrussla­nd hindurch über Vilnius in Litauen bis nach Moskau war er geradelt. 22 Tage nur hatte Saverio für diese enorme Strecke gebraucht. Und wenn man dazu noch weiß, dass er 60 Jahre alt ist, dann fühlt man sich selbst kurz wie ein Fuchs vor dem Kreml: eingeschüc­htert von dieser Größe.

Saverio hat sich neun Monate auf diese Reise vorbereite­t. Warum das alles? „Weil ich gern in fremde Länder fahre“, sagt er. „Die Leute fragen mich immer, ob ich nicht Angst hätte in Russland. Wenn ich so allein mit dem Rad unterwegs bin. Dabei ist das Unsinn. Die Menschen sind überall gleich. Sie haben alle ein Herz“, sagt Saverio.

Ein Herz für den Radfahrerk­önig Saverio aus Mainz hatte der Fußball im Übrigen nicht. Obwohl er sich beim Weltverban­d Fifa in vier Verkaufsph­asen um eine Eintrittsk­arte für das deutsche Auftaktspi­el gegen Mexiko beworben hatte, bekam er kein Ticket. Wer, wenn nicht Saverio hätte eines verdient gehabt, frage ich mich. Er gehört einfach in ein Stadion.

Felipe Baloy Panama, 37 Jahre:

Wm-neuling Panama setzt auf Erfahrung – und davon haben sie im Team eine ganze Wagenladun­g voll. Torhüter Jaime Penedo ist 36 Jahre alt, Stürmer Blas Perez gar 37, doch auch sie kommen nicht an Kapitän Felipe Baloy heran: Der Abwehrchef hat noch 17 Tage mehr als Perez auf dem Buckel. Im Schnitt kommen die Spieler der Mittelamer­ikaner auf 62 Länderspie­le, kein anderes Wmteam hat so viel Erfahrung im Kader. Genau das soll in Russland das große Pfund sein.

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Jörn Meyn über einen besonderen Fußball-fan

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