Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Täter von Kandel zeigt Reue

In Landau wird der Prozess um den Tod der 15-jährigen Mia eröffnet. Das letzte halbe Jahr hat den Ort verändert

- Von Sören Kittel

Landau.

Der erste Prozesstag in Landau beginnt holprig. Es fehlt eine entscheide­nde Person: Der Dolmetsche­r hat den Termin verpasst und kommt zu spät. Anschließe­nd übersetzt er dann nur lückenhaft und wird ausgetausc­ht. Eklat in einem Prozess um einen Fall, der bundesweit für Aufsehen sorgte.

Abdul D., ein vermutlich aus Afghanista­n stammender Flüchtling, soll am 27. Dezember 2017 im pfälzische­n Kandel das Mädchen Mia erstochen haben. Der Fall fachte die Debatte über die Altersfest­stellung bei jungen Asylbewerb­ern an und zog im 9000-Einwohnero­rt Kandel zahlreiche Demonstrat­ionen nach sich.

Mia wurde nur 15 Jahre alt. Ihr Ex-freund lauerte ihr auf, folgte ihr in einen Supermarkt, kaufte dort ein Brotmesser mit einer 20 Zentimeter langen Klinge und stach in einer Drogerie siebenmal auf sie ein. Der Prozess findet unter Ausschluss der Öffentlich­keit statt, weil der mutmaßlich­e Täter als minderjähr­ig gilt. Es ist einer der spektakulä­rsten Prozesse in diesem Jahr, denn es geht um eine Konstellat­ion, die auch in anderen Fällen für Aufsehen sorgt: Flüchtling ermordet Deutsche. Maria in Freiburg, Susanna in Wiesbaden und eben Mia in Kandel. Letzterer Fall rief ein Medienecho und Debatten im Bundestag hervor. Die Flüchtling­skrise hatte ein Todesopfer gefordert. Es wurde diskutiert, inwiefern die Herkunft und das heimische Frauenbild mit der Tat zu tun haben könnten. Hussein K., der Mörder des Mädchens in Freiburg, soll schließlic­h entschuldi­gend gesagt haben: „Es ist doch nur eine Frau.“ Robert Schelp, Sprecher des Landgerich­ts Landau, fasst sich kurz. Es seien 13 Verhandlun­gstage angesetzt. Mias Eltern werden beide ebenfalls beim Prozess erwartet. Sie sind Nebenkläge­r im Verfahren gegen Abdul beschreibt den Angeklagte­n als ruhig und in sich gekehrt. „Er ist in schlechter Verfassung“, sagt Endler. Abdul D. sei im Gefängnis angegriffe­n und danach von anderen Gefangenen isoliert worden. Gegen ihn gab es mehrere Morddrohun­gen. „Er bereut die Tat“, sagt Endler und fügt nach einer Pause an: „Sehr.“Abdul D. wolle zudem sowohl zu seiner Person als auch zur Sache eine Aussage machen. Ob er auch zu seinem Alter Angaben machen wird, ließ der Anwalt offen.

Doch dies ist seit Beginn der Ermittlung­en eine der Kernfragen. Ein Gutachten, so Robert Schelp, habe ergeben, dass der mutmaßlich­e Täter zur Tatzeit zwischen 17 und 20 Jahren alt sei, jedenfalls aber älter als die 15 Jahre, für die er sich ausgab.

Abdul D. wurde als unbegleite­t geflüchtet­er Minderjähr­iger aufgenomme­n und einem Vormund zugeteilt. „Doch weil auch das Gutachten nicht zweifelsfr­ei nachweisen konnte, dass er volljährig ist, behandeln wir ihn zunächst nach Jugendstra­frecht.“

Mias Eltern nehmen am Prozess teil

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Immer wieder kam es in Kandel zu Kundgebung­en rechtsgeri­chteter Initiative­n – aber auch zu Gegenkundg­ebungen wie hier. Fotos: dpa/pa

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