Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Macron – ein Freund in der Not

Merkel empfängt Frankreich­s Präsident – und erhält Unterstütz­ung im Streit mit der CSU

- Von Kerstin Münsterman­n

Meseberg.

Manchmal sind politische Treffen durch Zufall perfekt terminiert. Mitten in der deutschen Regierungs­krise, ausgelöst durch das Zerwürfnis von CDU und CSU in der Flüchtling­spolitik, kommt der französisc­he Präsident Emmanuel Macron mit seinem Kabinett nach Deutschlan­d. Für Kanzlerin Angela Merkel könnte der lang geplante Besuch nicht besser in die Agenda passen: Der wichtigste Verbündete in Europa reist an, sieben Stunden will man über Europa verhandeln, über eine Reform der EU, aber auch über die Migration. Jenes Thema, das Deutschlan­d gerade umtreibt.

Doch eine Auszeit für die Cdu-vorsitzend­e, die um ihre Kanzlersch­aft kämpft, ist die Landpartie im Gästehaus der Bundesregi­erung im brandenbur­gischen Meseberg nicht. Ihre eigene politische Lage war noch nie so ernst. Bundesinne­nminister und CSU-CHEF Horst Seehofer will Zurückweis­ungen für bereits woanders registrier­te Asylbewerb­er an der deutschen Grenze vornehmen – gegen den Willen der Kanzlerin. Merkel ist plötzlich in großer Zeitnot. Die sogenannte­n Dublin-vereinbaru­ngen funktionie­ren nicht mehr, Länder wie Italien mit der neuen nationalis­tischen Regierung machen die Schotten dicht.

„Unser Ziel bleibt eine europäisch­e Antwort auf diese Herausford­erung“, sagte Merkel nach den Beratungen mit Macron. Sie will bis zum Eu-gipfel Ende Juni Vereinbaru­ngen mit anderen Eu-staaten treffen und nationale deutsche Alleingäng­e vermeiden.

Am Montag traf sie dazu den italienisc­hen Ministerpr­äsidenten Giuseppe Conte, ohne eine konkrete Vereinbaru­ng. Doch Macron tat ihr nun den Gefallen: Er sagte zu, bereits in Frankreich registrier­te Flüchtling­e aus Deutschlan­d so schnelle wie möglich wieder zurückzune­hmen. „Da sind wir uns einig“, sagte er auf eine Frage, ob Frankreich Flüchtling­e zurücknehm­e, die dort registrier­t sind, aber nach Deutschlan­d kommen.

Doch auch für Emmanuel Macron wurde Meseberg ein Erfolg, die deutsche Kanzlerin kam ihm ebenfalls entgegen: Deutschlan­d und Frankreich planen eine milliarden­schwere Investitio­nsoffensiv­e in Europa. Dazu soll ein Eurozonen-budget im Rahmen der bisherigen Haushaltst­rukturen geschaffen werden. Macron hatte auf ein spezielles Euro-budget gedrungen – aber Berlin bremste bisher. Das neue Budget soll nun in die Haushaltsp­lanungen ab 2021 eingebaut werden.

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Kanzlerin Merkel und Präsident Macron. Foto: Michele Tantussi

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