Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Macron – ein Freund in der Not
Merkel empfängt Frankreichs Präsident – und erhält Unterstützung im Streit mit der CSU
Meseberg.
Manchmal sind politische Treffen durch Zufall perfekt terminiert. Mitten in der deutschen Regierungskrise, ausgelöst durch das Zerwürfnis von CDU und CSU in der Flüchtlingspolitik, kommt der französische Präsident Emmanuel Macron mit seinem Kabinett nach Deutschland. Für Kanzlerin Angela Merkel könnte der lang geplante Besuch nicht besser in die Agenda passen: Der wichtigste Verbündete in Europa reist an, sieben Stunden will man über Europa verhandeln, über eine Reform der EU, aber auch über die Migration. Jenes Thema, das Deutschland gerade umtreibt.
Doch eine Auszeit für die Cdu-vorsitzende, die um ihre Kanzlerschaft kämpft, ist die Landpartie im Gästehaus der Bundesregierung im brandenburgischen Meseberg nicht. Ihre eigene politische Lage war noch nie so ernst. Bundesinnenminister und CSU-CHEF Horst Seehofer will Zurückweisungen für bereits woanders registrierte Asylbewerber an der deutschen Grenze vornehmen – gegen den Willen der Kanzlerin. Merkel ist plötzlich in großer Zeitnot. Die sogenannten Dublin-vereinbarungen funktionieren nicht mehr, Länder wie Italien mit der neuen nationalistischen Regierung machen die Schotten dicht.
„Unser Ziel bleibt eine europäische Antwort auf diese Herausforderung“, sagte Merkel nach den Beratungen mit Macron. Sie will bis zum Eu-gipfel Ende Juni Vereinbarungen mit anderen Eu-staaten treffen und nationale deutsche Alleingänge vermeiden.
Am Montag traf sie dazu den italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte, ohne eine konkrete Vereinbarung. Doch Macron tat ihr nun den Gefallen: Er sagte zu, bereits in Frankreich registrierte Flüchtlinge aus Deutschland so schnelle wie möglich wieder zurückzunehmen. „Da sind wir uns einig“, sagte er auf eine Frage, ob Frankreich Flüchtlinge zurücknehme, die dort registriert sind, aber nach Deutschland kommen.
Doch auch für Emmanuel Macron wurde Meseberg ein Erfolg, die deutsche Kanzlerin kam ihm ebenfalls entgegen: Deutschland und Frankreich planen eine milliardenschwere Investitionsoffensive in Europa. Dazu soll ein Eurozonen-budget im Rahmen der bisherigen Haushaltstrukturen geschaffen werden. Macron hatte auf ein spezielles Euro-budget gedrungen – aber Berlin bremste bisher. Das neue Budget soll nun in die Haushaltsplanungen ab 2021 eingebaut werden.