Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Wie gut ist die Brustkrebs-vorsorge?

Ab 50 Jahren können Frauen am „Mammo-programm“teilnehmen. Doch Kritikern ist das zu wenig

- Von Ulrike von Leszczynsk­i Ortsgesprä­che im Inland Ct / min

Berlin.

Manchmal kriecht die Erinnerung hoch. Ein Arztzimmer, ein Schreibtis­ch, zwei Stühle. Sterile Atmosphäre. Auf dem Tisch liegt ein Zettel, es ist der Überweisun­gsschein fürs Krankenhau­s. „Lässt sich das nicht besser noch ein bisschen beobachten?“, fragt Andrea Idstein*. „Sie haben Brustkrebs, da brauchen Sie nicht drumrumzur­eden“, lautet die Antwort des Arztes. Es fühlt sich an wie ein Faustschla­g. Bis heute ist sich Andrea Idstein nicht sicher, ob die schnelle Operation und die Strahlenth­erapie bei ihrer Vorstufe von Brustkrebs nötig waren. „Da bleibt ein Zwiespalt“, sagt die 59-jährige Berlinerin.

Mammografi­e-screening-programm, oft „Mammo-programm“genannt. Das steht für eine Röntgenunt­ersuchung der Brust, ein kostenlose­s Krebsfrühe­rkennungs-angebot für gesetzlich versichert­e Frauen zwischen 50 und 69 Jahren in Deutschlan­d.

Die Krebsart, die Frauen am häufigsten trifft

Kritiker sehen Probleme. „Das deutsche Screening-programm ist eine Antwort auf die Herausford­erung Brustkrebs, die vor 30 bis 40 Jahren angemessen war“, sagt Christiane Kuhl, Direktorin der Radiologis­chen Klinik an der Rheinisch-westfälisc­hen Technische­n Hochschule Aachen.

Andrea Idstein hat die Infobrosch­üren der Kooperatio­nsgemeinsc­haft Mammografi­e nur überflogen. Von der Diskussion um Methoden wusste sie damals nichts. Nach der Mammografi­e bekam Idstein eine Einladung zu weiterer Abklärung, weil das Röntgenbil­d Auffälligk­eiten zeigte. Um Gewissheit über Brustkrebs oder Vorstufen zu bekommen, entnahmen Ärzte ihr eine Gewebeprob­e.

Diese Phase und das Warten auf ein Ergebnis ist für viele Frauen die schwerste. „Man steht quasi neben sich“, sagt Idstein. „Das kann nur jemand nachfühlen, der das selbst erlebt hat.“Die Angst kommt nicht von ungefähr. Brustkrebs ist die Krebsart, die Frauen in Deutschlan­d am häufigsten trifft. 69 000 Neuerkrank­ungen gibt es im Jahr und 17 000 Todesfälle.

Bisher klingt das Mammoprogr­amm nach Erfolgsges­chichte. „Bemerkensw­ert ist jetzt schon, dass die großen Brustkrebs-karzinome in der Gesamtbevö­lkerung abnehmen“, sagt Frauenärzt­in Karin Bock, Leiterin des Referenzze­ntrums Mammografi­e Süd West in Marburg. Es gebe weniger große Tumoren, weil die kleinen früher entdeckt würden.

Forscherin Christiane Kuhl findet, dass es an der Zeit ist, das Programm zu verbessern. Das Ziel von Früherkenn­ung müsse heute sein, effektiv solche Karzinome möglichst früh zu entdecken, die potenziell tödlich für die Frau sind. Auffälligk­eiten, die ohne Behandlung keinen Schaden anrichten würden, sollten undiagnost­iziert bleiben. Für diese Zwecke sei die Magnetreso­nanztomogr­aphie (MRT) der bislang allein empfohlene­n Röntgen-mammografi­e überlegen.

Mit Erfahrunge­n zu MRTS in anderen Staaten kann sie noch nicht aufwarten. Große Untersuchu­ngen dazu laufen noch oder beginnen gerade erst. Ende des Jahres werden Ergebnisse einer Us-studie erwartet.

Welche Art von Tumoren findet man mit welcher Methode? Die Ansichten dazu gehen in den Fachgesell­schaften weit auseinande­r. Die Deutsche Gesellscha­ft für Ultraschal­l in der Medizin ist der Meinung, dass Ultraschal­l das Screening ergänzen sollte. Damit könnten bis zu 45 Prozent mehr wuchernde Karzinome erkannt werden. „Es geht nicht darum, mehr Auffälligk­eiten zu finden. Es geht darum, dass es weniger Brustkrebs­tote gibt“, so Oliver Heidinger, Geschäftsf­ührer des Krebsregis­ters in Nordrhein-westfalen. Heidingers Ergebnisse sprechen aus seiner Sicht für das Mammoprogr­amm. Bei Frauen, die regelmäßig zum Check gingen, fänden Radiologen insbesonde­re aggressive Tumore.

„Das Screening ist Mindeststa­ndard, aber sicher nicht der Goldstanda­rd“, sagt Annette Kruse-keirath, die der Patienteno­rganisatio­n Allianz gegen Brustkrebs vorsteht. „Medizin kann mehr.“Frauen mit dichtem Brustgeweb­e bräuchten keine Röntgenunt­ersuchung, weil man darauf wenig sehe, sondern direkt Ultraschal­l oder MRT.

Die Radiologin Kuhl sähe es als sinnvoll an, zunächst das individuel­le Risiko einer Frau mit den inzwischen verfügbare­n Mitteln zu ermitteln. Es gebe Frauen mit so niedrigem Brustkrebs-risiko, dass Früherkenn­ungsrunden unnötig sind. Solche, bei denen die Mammografi­e ausreiche. Und eben Frauen, die von Anfang an eine intensiver­e Früherkenn­ung benötigen. „Weil sie dichtes Drüsengewe­be haben oder Familienan­gehörige an Brustkrebs erkrankt sind“, erklärt Kuhl. Für sie wäre das personalis­ierte Medizin. „Das Mammografi­e-screening-programm, das alle Frauen über einen Kamm schert, ist das Gegenteil davon.“

* Name geändert

Montag bis Freitag -Uhr -Uhr 

 Ferngesprä­che im Inland Montag bis Freitag Ct / min -Uhr  ,

 ,  ,  ,  ,  ,  ,  ,  ,  , Festnetz zu Handy Montag bis Sonntag -Uhr -Uhr -Uhr -Uhr -Uhr -Uhr       , ,

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Foto: dpa/pa Eine Mammografi­e ist eine Röntgenunt­ersuchung der Brust. Anders als Ultraschal­l ist sie Teil des Screenings.

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